Im Kündigungsschutzverfahren stellen sich häufig Fragen im Hinblick auf die Vergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist oder auch danach. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit ein Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung Anspruch auf Annahmeverzugslohn hat und ob er sich dabei ein böswillig unterlassenes Einkommen anrechnen lassen muss. Üblicherweise betrifft dies die Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit außerhalb des Unternehmens des Arbeitgebers. Aber wie verhält es sich, wenn der Arbeitgeber stattdessen eine Änderungskündigung ausspricht und dem Arbeitnehmer damit eine anderweitige Verdienstmöglichkeit einräumt. Der Arbeitnehmer kann dann die Änderungskündigung daraufhin überprüfen lassen, ob diese Änderung sozial gerechtfertigt ist. Aber kann der Arbeitnehmer dann für den Fall, dass sich die Änderung als nicht gerechtfertigt herausstellt, die entgangene Vergütung als Annahmeverzugslohn vom Arbeitgeber verlangen, obwohl sie anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit abgelehnt hat? Diese Frage war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Januar 2025.
Im hier betrachteten Fall wurde einer Verwaltungsangestellten des Deutschen Roten Kreuzes eine Änderungskündigung ausgesprochen, die eine Reduzierung ihrer Wochenstunden von 28 auf 15 vorsah. Zudem wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, an einem anderen Arbeitsort und in einer anderen, als zumutbar erachteten, Funktion tätig zu werden. Die Angestellte lehnte dieses Änderungsangebot ab und sah sich wenig später mit einer fristlosen Kündigung konfrontiert. In der Folge forderte sie Annahmeverzugslohn, nachdem das DRK ihren diesbezüglichen Klageanspruch anerkannt hatte.
Kernpunkt des Verfahrens war die Frage, ob die Angestellte böswillig einen anderweitigen Verdienst unterlassen hat. Dies ist vor dem Hintergrund des § 11 Nr. 2 KSchG von Bedeutung, der besagt, dass Arbeitnehmer bei der Berechnung des Annahmeverzugslohns die Verdienstmöglichkeiten abgezogen bekommen, die sie bei ordnungsgemäßer Annahme eines zumutbaren Angebots hätten erzielen können.
Das Bundesarbeitsgericht sprach der Klägerin in seinem Urteil vom 15.01.2025 (Az. 5 AZR 135/24) den Annahmeverzugslohn zu, da das Angebot seitens des DRK unzumutbar war. So stellte das Gericht fest, dass das Änderungsangebot nicht nur unter dem Arbeitslosengeld lag, sondern auch die Umstände der fristlosen Kündigung in Betracht gezogen werden mussten. Das DRK hatte klar signalisiert, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aufgrund mutmaßlicher verhaltensbedingter Gründe nicht mehr möglich sei. Die angebotene Beschäftigung nach der Kündigung wurde als unzumutbar erachtet, da das Arbeitgeberverhältnis irreparabel beschädigt war.
**Empfehlungen für Mandanten:**
Aufgrund dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergeben sich dann folgende Handlungsmöglichkeiten für Betroffene Arbeitnehmer:
1. Prüfung der Kündigung: Lassen Sie jede Kündigung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüfen, um festzustellen, ob diese rechtmäßig ist oder möglicherweise unwirksam.
2. Angebote des Arbeitgebers: Bewerten Sie die Zumutbarkeit von Arbeitsangeboten sorgfältig. Bei Annahmeverzugslohn ist es entscheidend, ob das angebotene Gehalt im Vergleich zu Ihrem vorherigen Einkommen oder Arbeitslosengeld steht.
3. Bewerbungsaktivitäten dokumentieren: Wenn Sie sich in einem Annahmeverzug befinden, ist es wichtig, alle Initiativbewerbungen und Rückmeldungen zu dokumentieren. Dies kann im Streitfall über böswilliges Unterlassen von Verdienstmöglichkeiten von Bedeutung sein.
4. Kommunikation mit dem Arbeitgeber: Halten Sie eine offene Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber aufrecht und dokumentieren Sie alle Gespräche und Angebote. Eine klare Kommunikation kann Missverständnisse klären und mögliche rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden.
5. Rechtliche Beratung: Im Falle einer Kündigung oder eines schwierigen Arbeitsverhältnisses ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt kann Ihre Rechte wahren und Ihnen helfen, die beste Vorgehensweise zu bestimmen.
Aufgrund der oftmals komplexen Materie des Arbeitsrechts ist es von entscheidender Bedeutung, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren, um Nachteile zu vermeiden und die eigenen Ansprüche nachhaltig zu sichern. Unser Team steht Ihnen hier gerne zur Verfügung.