Ein Arbeitszeugnis ist mehr als nur ein Stück Papier – es ist ein entscheidender Baustein für Ihre berufliche Zukunft. Zu einer aussichtsreichen Bewerbung auf dem Arbeitsmarkt gehören wohlwollend formulierte und vollständige Arbeitszeugnisse der früheren Arbeitgeber. Doch was viele nicht wissen: Das Zeugnis ist keine freiwillige Nettigkeit des Arbeitgebers, sondern darauf haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch, und es gelten klare rechtliche Vorgaben, wie dieses ausgestellt sein muss.
Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Unterschieden wird zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Arbeitszeugnis.
Das einfache Arbeitszeugnis enthält lediglich Angaben zur Person, zur Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie zu Art und Umfang der Tätigkeit – jedoch ohne Bewertung. Nur bei ganz kurzen Beschäftigungen (wenige Monate) ist ein solches Zeugnis ausreichend.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis geht darüber hinaus: Es enthält zusätzlich eine Beurteilung der Leistungen und des Verhaltens während der Beschäftigungszeit. Hierzu zählen zum Beispiel Arbeitsweise, Fachkenntnisse, Engagement und das Sozialverhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden.
Tipp: Fordern Sie ein qualifiziertes Zeugnis, denn es ist viel aussagefähiger und für Bewerbungen fast immer notwendig.
Was muss im Arbeitszeugnis stehen – und was nicht?
Ein Arbeitszeugnis muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen. Es muss:
• wahrheitsgemäß formuliert sein,
• wohlwollend sein, das heißt: es darf das berufliche Fortkommen nicht unberechtigt erschweren,
• klar und verständlich formuliert sein (es darf keine codierten oder ironischen Formulierungen enthalten),
• vollständig sein, also alle wesentlichen Tätigkeiten und Leistungen aufführen,
• formal korrekt sein, insbesondere mit Datum, Unterschrift und auf offiziellem Briefpapier der Firma erstellt werden.
Unzulässig sind Hinweise auf Krankheiten, Fehlzeiten, Elternzeit, Nebentätigkeiten (sofern genehmigt), Gewerkschaftszugehörigkeit oder etwaige Konflikte im Arbeitsverhältnis. Auch eine Andeutung über den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf nur mit ausdrücklichem Wunsch des Arbeitnehmers aufgenommen werden.
Vorsicht vor „Zeugnissprache“ – versteckte Formulierungen erkennen
In der Zeugnispraxis haben sich bestimmte Formulierungen etabliert, die auf den ersten Blick positiv klingen, aber negativ gemeint sein können. Beispiele:
• „Er bemühte sich, den Anforderungen gerecht zu werden“ – klingt höflich, bedeutet aber, dass der Erfolg ausblieb.
• „Er war stets bemüht“ – eine klassische Formulierung für mangelnde Leistung.
• „Im Großen und Ganzen zufriedenstellend“ – gilt als abwertende Gesamtnote.
Wenn Sie unsicher sind, wie Ihr Zeugnis zu bewerten ist, kann eine anwaltliche Prüfung helfen, Missverständnisse zu vermeiden und mögliche Nachteile frühzeitig zu erkennen.
Was tun bei einem fehlerhaften oder negativen Zeugnis?
Als Arbeitnehmer haben Sie das Recht, ein qualifiziertes, korrektes und wohlwollend formuliertes Zeugnis zu verlangen. Wird Ihnen ein solches nicht oder nur unzureichend ausgestellt, können Sie auf Berichtigung klagen, wenn eine außergerichtliche Aufforderung erfolglos geblieben ist.
Wichtig: Der Anspruch auf ein Zeugnis verjährt zwar erst nach Jahren, doch er kann vorher schon verfallen oder verwirken, wenn er längere Zeit nicht geltend gemacht wird. Verfallfristen betragen häufig drei Monate, und für die Verwirkung haben Gerichte bereits bei einem Zuwarten von zehn oder zwölf Monaten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses angenommen. Dieselben Fristen gelten auch, wenn Sie zwar ein Zeugnis bekommen haben, das aber wegen Fehlern oder Lücken korrigiert oder ergänzt werden muss.
Praktische Hinweise für Arbeitnehmer
Fordern Sie Ihr Zeugnis rechtzeitig ein – am besten bereits bei Kündigung oder im Rahmen eines Aufhebungsvertrags. Bestehen Sie auf einem qualifizierten Zeugnis. Prüfen Sie Inhalt und Formulierungen sorgfältig. Bei Unklarheiten oder Zweifeln an der Bewertung empfiehlt sich eine anwaltliche Überprüfung.
Fazit
Ein gutes Arbeitszeugnis kann entscheidend für Ihre berufliche Zukunft sein. Es lohnt sich, auf eine vollständige, faire und wohlwollende Bewertung zu achten. Sollten Sie mit Ihrem Zeugnis nicht einverstanden sein, zögern Sie nicht, Ihre Rechte geltend zu machen – gegebenenfalls mit Unterstützung eines erfahrenen Anwalts für Arbeitsrecht.