BAG, Urteil vom 3.5.2023 – 5 AZR 268/22
Viele Arbeitsverträge sehen sogenannte Ausschlussfristen oder Verfallfristen vor. Nicht selten sind diese „zweistufig“ ausgestaltet: Innerhalb einer bestimmten Frist sind Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen (1. Stufe) und innerhalb einer weiteren Frist (2. Stufe) einzuklagen – nämlich regelmäßig dann, wenn sich die andere Partei nicht erklärt oder die geltend gemachten Ansprüche ablehnt. Nicht wenige solcher vertraglichen Regelungen sind allerdings unwirksam und eine Überprüfung durch einen spezialisierten Anwalt kann sich oft nachhaltig rentieren.
Über eine besondere Konstellation hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Mai 2023 zu entscheiden: Der Arbeitnehmer hatte einen Anspruch außergerichtlich geltend gemacht, diesen gerichtlich aber erst nach Ablauf der Frist für die zweite Stufe weiterverfolgt. Diese zweite Stufe sollte gemäß dem Tarifvertrag in Gang gesetzt werden, wenn der Anspruch schriftlich ablehnt wird oder sich der Vertragspartner nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs schriftlich erklärt. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer allerdings auf dessen außergerichtliche Geltendmachung hin eine Abrechnung über den geltend gemachten Anspruch erteilt und sodann die Aufrechnung mit einem (vermeintlichen) Gegenanspruch erklärt. Ist in einer solchen Konstellation die Einhaltung der zweiten Stufe der Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs entbehrlich? Ja – urteilte das BAG und begründete dies damit, dass der Arbeitgeber den Anspruch durch die erteilte Abrechnung und die erklärte Aufrechnung den geltend gemachten Anspruch gerade nicht abgelehnt habe, sondern lediglich behauptet hatte, dieser sei infolge der Aufrechnung erloschen. Hiermit habe er das grundsätzliche Bestehen des Anspruchs gerade bestätigt, sodass die zweite Stufe der Ausschlussfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
Unser Praxistipp:
„Am Ende noch mal gutgegangen“ – und dennoch: Vermeidbare Risiken sollten Sie vermeiden und im Zweifel den sichersten Weg beschreiten. Wie dieser aussieht und wie es um die Wirksamkeit der Ausschlussfristenregelung in Ihrem Arbeitsvertrag bestellt ist, klären wir gerne gemeinsam mit Ihnen.
Thomas Haas
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
MEILENSTEIN.Arbeitsrecht