Eine Entscheidung, die sich mit vielen interessanten rechtlichen Themen beschäftigt, wie Gewährleistungsausschlüssen im Vertrag, der Abgrenzung zwischen Allgemein- und Sondereigentum einer WEG und der Frage, zur Zahlung an wen geklagt werden muss.

In meiner Anmerkung soll es darum aber nicht gehen, sondern um die Ausführungen des OLG zur Beweislast. Diese sind hier zwar nicht grundsätzliche baurechtsspezifisch, sondern allgemeingültig, aber gerade im Baurecht und im Recht der Bauträger von entscheidender Bedeutung.

Ausgangslage

Der BGH hat schon früh Entscheidungen zur Darlegungs- und Beweislast getroffen. Anknüpfungspunkt ist § 138 ZPO. Dort heißt es:

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Oft reicht es, Vortrag der Gegenpartei einfach zu bestreiten, also die Richtigkeit in Abrede zu stellen, ohne, dass man vertieft vortragen müsste, warum oder welcher Sachverhalt stattdessen zutreffen soll.

Wann einfaches Bestreiten nicht reicht, hängt vom Vortrag der anderen Partei und der eigenen Kenntnis ab.

„Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist“ (BGH, Hinweisbeschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 491/21)

Zur Entscheidung

Im Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg vom 05.02.2024 (Az. 4 U 44/22) bestätigt das Gericht die Haftung eines Bauträgers für Baumängel. Dabei legt das Gericht die Anforderungen an das Bestreiten von Mängelbehauptungen durch den Bauträger im Prozess klar fest.

Ein zentraler Aspekt dieses Urteils betrifft die Frage, wie Bauträger auf Mängelrügen reagieren dürfen. Der Beklagte Bauträger hatte im Prozess argumentiert, er könne viele der vorgebrachten Mängel nicht beurteilen, da die Arbeiten von Subunternehmern ausgeführt worden seien. Von der eigenen Begutachtung hatte er Abstand genommen. Das OLG Hamburg stellte jedoch klar, dass der Bauträger das Vorliegen von Baumängeln nicht mit "Nichtwissen" bestreiten kann. Vielmehr muss sich der Bauträger die erforderlichen Kenntnisse über die Arbeiten der von ihm beauftragten Subunternehmer beschaffen.

Diese Tatsache steht zunächst nicht wortwörtlich im Gesetz, denn dort ist von einer (gemachten) eigenen Wahrnehmung die Rede. Was aber, wenn – wie hier – die Wahrnehmung zwar möglich ist, aber bewusst nicht gemacht wurde.

In diesem Fall war die Entscheidung des Bauträgers klar sein Nachteil. Nach Auffassung des OLG muss sich der Bauträger Kenntnis verschaffen, die ihm möglich ist. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der werkvertraglichen Stellung des Bauträgers, die ihn zur sorgfältigen Überprüfung der Mängelrügen verpflichtet. Das einfache Bestreiten der Mängel ohne eigene Prüfung oder nähere Angaben wurde vom Gericht als unzureichend und "ins Blaue hinein" bewertet.

Die Entscheidung des OLG ist dabei keine Überraschung, denn Sie liegt auf einer Linie mit führenden Stimmen der baurechtlichen Literatur und vorangegangener obergerichtlicher Entscheidungen (Jurgeleit, In: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, R. 251; OLG Brandenburg, Urteil vom 03.04.2008 - 12 U 162/07). Besondere Sachkunde und die Übernahme vertraglicher Pflichten beeinflussen also die Darlegungslast im Prozess.

Substantiierungspflichten im Prozess

Das OLG Hamburg hob im Rahmen der Entscheidungsgründe die prozessualen Anforderungen an das Bestreiten von Mängeln im Detail hervor. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht ein einfaches Bestreiten nicht aus, wenn die Mängelbehauptungen des Auftraggebers detailliert vorgetragen werden und sich aus einem Sachverständigengutachten ableiten lassen. Um Missverständnisse zu vermeiden sei darauf hingewiesen, dass es keine Notwendigkeit eines Gutachtens für auseichende Substantiierung gibt.

Der Bauträger hätte substantiiert darlegen müssen, inwiefern die gerügten Mängel nicht vorliegen, was er jedoch versäumte. Im Ergebnis führte dieses Versäumnis dazu, dass das Gericht die Mängel als unstreitig annahm, mit fatalen Folgen für den Ausgang des Rechtsstreits.

Fazit

Für Bauträger und Bauunternehmer ist dieses Urteil von erheblicher Bedeutung, da es die Grenzen des prozessualen Bestreitens und die Anforderungen an die Beweisführung im Bauprozess verdeutlicht. Die Entscheidung zeigt auf, dass Bauträger ihre vertraglichen Pflichten nicht durch ein pauschales Bestreiten von Mängeln umgehen können, sondern stets in der Verantwortung stehen, sich über die Leistungen ihrer Subunternehmer zu informieren und die Mängelrügen substantiiert zu beantworten, schon aus eigenem Interesse.