Wenn Rentenleistungen aus einem privaten Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag in einem Zivilprozess erfolgreich durchgesetzt werden sollen, wird von den Versicherungsgesellschaften in der Regel im Prozess dem Klägervortrag zum sogenannten „Berufsbild in gesunden Tagen“ mit Standardeinwendungen entgegengetreten.

Standardmäßig wird eingewandt, dass das Berufsbild nicht hinreichend substantiiert oder keine ausreichend substantiierten Darlegungen entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung vorgetragen werden.

Dabei wird zunächst jegliche Art der Darstellung dieses Berufsbildes angegriffen. Im Wesentlichen wird dabei auf ältere Entscheidungen des BGH hingewiesen.

Richtigerweise ist aber darauf hinzuweisen, dass an dem Vortrag zum Berufsbild keine übersteigerten Voraussetzungen gestellt werden dürfen.

Dabei ist auf den aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 29. Mai 2024 Aktenzeichen IV ZR 189/23 hinzuweisen.


Zum Vortrag des Berufsbildes führt der Senat aus:


„Als Sachvortrag genügt dabei nicht die Angabe eines bloßen Berufstyps und Arbeitszeit. Es muss von dem Versicherten, der hierzu unschwer imstande ist, verlangt werden, dass er seine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung gibt, mit der die für ihn anfallenden Leistungen ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (…), Sache des Gerichts ist es dann zu entscheiden, ob zunächst eine Beweisaufnahme zu dem vorgetragenen Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung geboten ist, deren Ergebnis einem anschließend einzuschaltenden medizinischen Sachverständigen vorzugeben ist-sei es in alternativer Form, sei es aufgrund von Feststellungen die das Gericht bereits zu treffen vermag. Jedenfalls muss der medizinische Sachverständige wissen, welchen-für ihn unverrückbaren-außermedizinischen Sachverhalt eher zugrunde zu legen hat. Die Anforderungen an die Beweispflicht dürfen hierbei nicht überspannt werden. Es darf nicht aus dem Blick geraten, dass die Klärung des Berufsbildes vornehmlich den Zweck verfolgt, dem Sachverständigen die notwendigen tatsächlichen Vorgaben zur medizinischen Beurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit an die Hand zu geben. Steht fest, dass der Versicherte überhaupt einer Berufstätigkeit nachgegangen ist, darf ihm der Zugang zu den versicherten Leistungen nicht durch übersteigerte Anforderungen an die Pflicht zur substantiierten Darlegung seiner Berufstätigkeit unzumutbar erschwert werden.“


An dieser Begründung ist interessant, dass der Bundesgerichtshof auf die versicherten Leistungen hinweist.  Er weist darauf hin, dass prozessuale Anforderungen nicht dazu führen dürfen, dass für den Versicherungsnehmer die Erlangung der versicherten Leistungen  unerreichbar werden.           
 Letztlich ist dies auch in § 1a VVG, der auch für die Regulierungspflicht der Versicherungsgesellschaft steht, festgeschrieben. Die Geltendmachung sämtlicher zur Verfügung stehenden prozessualer Einwendungen in einem Versicherungsprozess erscheint oft gegen die von § 1a VVG vorgegebenen Grundrichtlinien des gemeinsamen Vertrages zu sprechen.

Diese Richtlinien dürfen auch im Rahmen der Prozessführung nicht außer Betracht bleiben.


Dies gilt insbesondere bei der Darlegung des Berufsbildes im BU-Prozess. Dabei kommt es vor, dass durch fortwährende-prozessual zulässige- Einwendungen (z.b. fehlende tabellarische Auflistung der Berufstätigkeit, nicht ausreichende Gewichtung der einzelnen Teiltätigkeiten, fehlende Zeitangaben, fehlende nähere Erläuterungen zu einzelnen Arbeitsbeschreibungen etc.), die Prozessführung für den VN zum Geduldspiel wird. Hinzu kommt -nachdem dann sämtliche Einwendungen zum reinen Vortrag erledigt sind, die zum Berufsbild vorgetragenen Tatsachen bestritten werden. Es folgen dann wiederum zähe Beweisaufnahmen zu diesem Vortrag.


Dies wohlgemerkt in einer finanziellen Situation des Versicherungsnehmers, die existenzbedrohend ist und gegen die er sich „eigentlich „ versichern wollte.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof diese Interessenlage und vor allem Zumutbarkeitsfrage für den VN auf weiteren Gebieten des Versicherungsrechts ausweitet.