Der Vermögensarrest ist im § 111e StPO geregelt und stellt eine vorläufige Sicherungsmaßnahme dar, welche im Strafverfahren genutzt wird, um Vermögenswerte des Beschuldigten zu sichern und somit eine spätere Vollstreckung von Rechtsfolgen zu sichern.

Zum Sachverhalt

Das Amtsgericht Mannheim hat mit Beschluss vom 27. Dezember 2019 den Arrest von 518.000 € in das Vermögen der Angeklagten angeordnet. Die Beschwerde der Angeklagten gegen diesen Beschluss wurde mit der Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 23. April 2021 als unbegründet verworfen. Die Staatanwaltschaft erhob am 18. Januar 2022 diesbezüglich Anklage vor dem Landgericht. In dem Verfahren wurde die Angeklagte als Einziehungsbeteiligte beteiligt.

Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 23. April 2021 legte die Einziehungsbeteiligte „weitere Beschwerde“ ein. Sie hielt den Arrest für unverhältnismäßig, was sich aus der langen Arrestdauer ergebe. Insbesondere wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen sei der Arrest zumindest inzwischen unverhältnismäßig geworden. Auch habe die Staatsanwaltschaft Patente der Einziehungsbeteiligten gepfändet, welche wichtige Assets des Unternehmens seien und auf deren Verwertung die Einziehungsbeteiligte angewiesen sei. Über das Andauern der Pfändung erhalte sie auch keine Darlehen durch Kreditinstitute, was ihre Finanzierung erheblich einschränke. Aus den Akten gehe ebenfalls nur die Erlangung eines Teilbetrags von 188.000 € aus den Fördermitteln hervor.

Mit Schreiben vom 29. August 2024 entgegnete die Staatsanwaltschaft, dass hier keine Unverhältnismäßigkeit durch die Arrestdauer vorliege. Es fänden umfangreiche Ermittlungen statt und die Antragstellerin könne nicht generell auf rechtsstaatswidrige Verzögerungen hinweisen. Ebenfalls der Vollzug des Arrests sei verhältnismäßig. Das Gericht hat die „weitere Beschwerde“ als Antrag auf Entscheidung über die Aufhebung des Arrests ausgelegt.

Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 14. Oktober 2024

Die Fortdauer des rechtmäßig angeordneten Arrests ist unverhältnismäßig, da die Arrestaufrechterhaltung  gegen das Übermaßverbot verstößt.

Ein Vermögensarrest ist in zeitlicher Perspektive nur an dem allgemeinen Übermaßverbot zu messen. Das Übermaßverbot ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Bezüglich der Verhältnismäßigkeit ist insgesamt abzuwägen, ob das staatliche Sicherungsinteresse oder das Interesse des Arrestbetroffenen, über sein Vermögen frei zu verfügen, überwiegt. Verfassungsgemäß ist auch zu beachten, dass bei Betroffenen auch durch vorläufige Maßnahmen ein erheblicher Nachteil entstehen kann und sich ein Eigentumseingriff mit dem Umfang und der Fortdauer der Maßnahme verstärkt. Eine gesetzliche Bestimmung zu den zeitlichen Grenzen des Arrests gibt es nicht mehr.

Im diesem Fall gab es erhebliche Verfahrensverzögerungen seit der Anklageerhebung bei Gericht. Für ein umfangreiches Wirtschaftsstrafverfahren, wie dieses, wird vom Gericht eine Bearbeitungszeit von sechs Monaten bis zur Eröffnungsentscheidung als angemessen angesehen. Ein Termin zur Hauptverhandlung sollte dann spätestens innerhalb eines weiteren halben Jahres erfolgen. Demnach hätte das Gericht spätestens zum Januar 2023 eine Hauptverhandlung ansetzen müssen. Realistisch erscheint jedoch erst eine Hauptverhandlung im Frühjahr oder Sommer 2025, sodass eine Verfahrensverzögerung von mindestens zwei Jahren und zwei Monaten möglich ist. Dies bedeutet auch, dass zwischen dem Vollzug des Arrests und der Entscheidung über die Einziehung über fünf Jahre vergangen sind.

In anderen Fällen hat obergerichtliche Rechtsprechung bei Vermögensarresten, welche länger als drei Jahre andauerten und das Verfahren 16 Monate stillstand, die weitere Aufrechterhaltung des Vermögensarrests bereits mit dem Übermaßverbot für unvereinbar erklärt.


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