Die Deutsche Umwelthilfe e.V. aus Radolfzell ist mir aus meiner Beratungspraxis als Abmahner bekannt( siehe hier und hier). Es sind immer „umweltbezogene“ Themen, die die Deutsche Umwelthilfe abmahnt wie z.B. fehlende Informationen, Immobilien-Anzeigen oder Ähnliches. Bekanntermaßen finanziert die Deutsche Umwelthilfe mit Vertragsstrafen, die aus einer abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung geltend gemacht werden, sonstige umweltbezogene Verfahren.

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 04.07.2019, Az. I ZR 149/18) hatte entschieden, dass Abmahnungen der Deutschen Umwelthilfe nicht rechtsmissbräuchlich sind. „Überschüsse“ aus einer Marktverfolgungstätigkeit (gemeint sind Vertragsstrafen) und ihre Verwendung auch für andere Zwecke als die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, ist, so der BGH, kein Indiz für die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen. Allein die Zahl von Abmahnungen sowie erzielten Überschüssen können daher den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht begründen. Auch das Gehalt der beiden Geschäftsführer sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Diesen „Freifahrtschein“ nutzt die Umwelthilfe, um auch weiterhin wettbewerbsrechtlich abzumahnen.

Verstöße gegen die Verpflichtung zur Elektroaltgeräterücknahme 

Die Deutsche Umwelthilfe hat in mehreren Verfahren große Discounter in Anspruch genommen, die Elektroaltgeräte nicht zurücknehmen, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Verklagt wurden unter anderem Lidl und Netto.

Verpflichtung über die Rücknahme von Elektroaltgeräten

Die Rücknahmepflicht von Elektroaltgeräten für sogenannte Vertreiber ergibt sich aus § 17 Elektrogesetz. Verpflichtet sind Vertreiber mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräten von mindestens 400 m² sowie Lebensmittelgeschäfte mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 m², die mehrmals im Kalenderjahr oder dauerhaft Elektrogeräte anbieten. Die 800 m²-Regel dürfte für die meisten Discounter gelten.

Konkret besteht folgende Verpflichtung:

1 : 1 Rücknahme

Die sogenannte 1 : 1 Rücknahme bedeutet, dass bei Abgabe (Verkauf) eines neuen Elektrogerätes an einen Endnutzer ein Altgerät der gleichen Geräteart, das im wesentlichen die gleichen Funktionen wie das neue Gerät erfüllt, am Ort der Abgabe oder in unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückzunehmen sind.

Dies betrifft sogenannte Großgeräte wie z.B. Waschmaschinen oder Fernseher.

1 : 0 Rücknahme

Wer ganz grundsätzlich aufgrund der Größe der Verkaufsfläche (siehe oben) unter die Verpflichtung der Elektroaltgeräterücknahme fällt, ist ganz grundsätzlich verpflichtet, Altgeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, im Einzelhandelsgeschäft oder in der unmittelbaren Nähe unentgeltlich zurückzunehmen. Die Rücknahme darf nicht an den Kauf eines Elektro- oder Elektronikgerätes geknüpft werden. Beschränkt ist die Abgabe auf 3 Altgeräte pro Geräteart.

Mit anderen Worten: Kleingeräte wie ein Fön, Rasierer, Mixer etc. können somit in jeder Discounter-Filiale oder in einem größeren Lebensmittelgeschäft kostenlos zurückgegeben werden.

Gilt auch im Fernabsatz

Die Rücknahmeverpflichtungen gelten auch bei einem Vertrieb unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, somit dem Internethandel. Die unentgeltliche Abholung ist hierbei auf bestimmte Geräte beschränkt, nämlich auf Elektrogeräte der Kategorien 1 und 2. Kategorie 1 sind sogenannte Wärmeübertrager. Dazu gehören Kühlschränke, Gefriergeräte, Klimageräte, Wärmepumpen, Boiler, Warmwasserspeicher, etc.

Die Kategorie 2 sind Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm² enthalten. Dazu gehören insbesondere Fernsehgeräte, LCD-Fotorahmen, Monitore, Laptops, Tablets oder Tablet-PCs.

Hier hat der Kunde einen Anspruch auf unentgeltliche Abholung.

Die Rücknahme für die Kategorien 3, 5, 6 und Nr. 2 sind durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zu gewährleisten. Hierbei geht es um Lampen, Kleingeräte wie Staubsauger, Toaster etc. sowie kleine IT- und Telekommunikationsgeräte wie z.B. Taschenrechner, Router, PCs, Drucker, wie aber auch Kabel.

Wenn entsprechend der Kategorie eine Abholung im Fernabsatz zwar unentgeltlich notwendig ist, müsste dies durch den Logistikdienstleister erfolgen, der bestenfalls gleichzeitig das Neugerät liefert.

Dieses Prozedere ist nach unserer Kenntnis aktuell immer noch schwierig. Wir wüssten nicht, dass ein freundlicher DHL-Fahrer einen großen alten Röhrenfernseher in sein Fahrzeug lädt, um diesen bei Lieferung eines Neugerätes wieder mitzunehmen.

Auch die geeignete Rückgabemöglichkeit in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer, ist in der Praxis nicht ganz leicht umzusetzen. Dies könnte z.B. auch eine Postfiliale sein.

Im Fernabsatz müsste natürlich, wenn der Händler die Voraussetzungen für die Rücknahmeverpflichtung erfüllt, z.B. im Check-Out abgefragt werden, ob ein Elektroaltgerät zurückgegeben werden soll. In diesem Bereich gibt es nach unserer Auffassung bisher noch erhebliche Defizite.

Aktuelle Entscheidung des OLG Koblenz gegen Lidl

Das OLG Koblenz hat aktuell Lidl in 2. Instanz zur Unterlassung verurteilt (LG Koblenz, Az. 9 U 1090/24, Urteil vom 11.03.2025).

Die Deutsche Umwelthilfe hatte versucht, einen gebrauchten elektrischen Kopfhörer, ein gebrauchtes Ladegerät und ein elektrisches Ladekabel in einer Lidl-Filiale zurückzugeben. Alle Produkte hatten eine äußere Abmessung kleiner als 25 cm.

Die Produkte, die zurückgegeben werden sollten, sind im Urteil als Foto dargestellt. Es sind die oben im Beitrag ersichtlichen Produkte in dem Korb.

Streitige Punkte 

Bei Kleingeräten ist auch eine Rückgabe in „unmittelbarer Nähe“ möglich. Ausweislich der Gesetzesbegründung geht das OLG davon aus, dass die Rücknahmeverpflichtung dadurch umgesetzt werden kann, dass z.B. ein gemeinsames Rücknahmesystem eingerichtet wird.

An der Prozessführungsbefugnis der Deutschen Umwelthilfe hat das Gericht keinen Zweifel.

Marktverhaltensregeln 

Ein Verstoß gegen eine Norm, im vorliegenden Fall § 17 Elektrogesetz, löst nur dann wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aus, wenn es sich um eine Marktverhaltensregel im Interesse der Marktteilnehmer handelt. Dies nahm das OLG mit ausführlicher Begründung nicht weiter verwunderlich an.

Nach Ansicht des Gerichtes beeinflusst die Rücknahmemöglichkeit die Entscheidung des Verbrauchers, bei welchem Lebensmittelhändler er seinen Einkauf tätigt. Es liegt auf der Hand, dass ein Discounter wie Lidl alles vorgetragen hat, um die Ansprüche zu vermeiden. So führt das OLG aus, dass § 17 Elektrogesetz nicht verfassungswidrig ist und auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt.

Die Praxis

Die Frage, ob ein Online-Händler eine Verkaufsfläche für Elektrogeräte von mindestens

400 m² hat, die Versand- und Lagerfläche kann hier eine Rolle spielen, lässt sich durch einen Abmahner in der Regel kaum sicher feststellen. Etwas anderes mag bei bekanntermaßen großen Unternehmen gelten.

Aus diesem Grund spielen Abmahnungen wegen einer fehlenden Rücknahmepflicht von Vertreibern im Internet von Elektroaltgeräten nach unserem Eindruck in der Praxis keine so große Rolle. Die Rechtsfolgen wären jedoch weitreichend: In einem Internetshop lässt sich die Rücknahme von Elektroaltgeräten im Check-Out noch rechtssicher gestalten. Bei Plattformen wie eBay oder Amazon dürfte es jedoch schwierig werden.

Ich berate Sie zur Elektroaltgeräterücknahme und zu einer Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen die Rücknahmepflicht.

Meine Empfehlungen:

  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne Prüfung keine Zahlung vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de seit über 20 Jahren Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung der Deutschen Umwelthilfe erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung der DUH Deutsche Umwelthilfe wegen Elektroaltgeräteentsorgung erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.


Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz