Einleitung / Problemstellung:

Das Oberlandesgericht Köln hatte in seinem Urteil vom 18. September 2024 (Az. 11 U 104/23) über die Frage zu entscheiden, ob der Bauunternehmer zur Haftung für Schadensersatz aufgrund mangelhafter Werkleistung verpflichtet ist und ob eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung entbehrlich ist, wenn der Bauunternehmer die Verantwortlichkeit für die Mängel beharrlich bestreitet. Der Fall bezog sich auf die Sanierung einer großen Sandtrainierbahn für Rennreiter, bei der nach Fertigstellung und Abnahme erhebliche Wasserstellen auftraten, welche die Nutzung der Bahn stark beeinträchtigten. Die beteiligten Parteien in diesem Fall waren der Bauherr als Kläger und der Bauunternehmer als Beklagter.

Relevante Hintergrundinformationen:

Im vorliegenden Fall beauftragte der Kläger den Beklagten am 8. Dezember 2016 mit der umfangreichen Sanierung einer großen Sandtrainierbahn. Die Vereinbarung basierte auf der Einbeziehung der VOB/B in der Fassung von 2016. Die Werkleistung wurde abgenommen. Nach der Abnahme machte der Kläger Wasseransammlungen auf der Bahn geltend, die deren Nutzung erheblich einschränkten. Trotz der Fristsetzung (dazu allerdings Ziffer 2) zur Mängelbeseitigung und wiederholter Nachbesserungsversuche gelang es dem Beklagten nicht, die Mängel zu beseitigen. Der Kläger beauftragte schließlich einen anderen Unternehmer mit der Sanierung und verlangte die Erstattung der dadurch entstandenen Kosten sowie der Gutachter- und Bauleitungskosten vom Beklagten.

Wichtige rechtliche Erwägungen:

  • Haftung aufgrund mangelhafter Werkleistung:

Der Beklagte haftet dem Kläger nach § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit den §§ 280, 281 BGB sowie § 13 VII VOB/B aufgrund mangelhafter Werkleistung. Das Landgericht (LG) Köln stellte fest, dass das Werk des Beklagten mangelhaft war, da die entwässerungstechnische Funktion der Sandtrainierbahn nicht sichergestellt war. Diese Feststellungen wurden durch umfangreiche Beweisaufnahmen einschließlich mehrerer Sachverständigengutachten und Anhörungen untermauert. Die Beweislast lag beim Kläger, da die Mängel erst nach der Abnahme der Werkleistung geltend gemacht wurden.

  • Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Mängelbeseitigung:

Grundsätzlich ist bei Mängeln an einer Werkleistung eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erforderlich. In diesem Fall setzte der Kläger dem Beklagten zunächst eine Frist zur Mängelbeseitigung, hob diese jedoch auf, nachdem ein Sanierungsvorschlag des Beklagten vorlag und ein Gutachten abgewartet wurde. Damit war dem Erfordernis einer angemessenen Frist nicht ausreichend Rechnung getragen.

Schon die während dieses Verfahrens durchgeführten Nachbesserungsversuche führten zu keinem Erfolg. Hinzu kam, dass der Beklagte vehement und wiederholt seine Verantwortlichkeit für die Mängel abstritt und die Beseitigung ablehnte.

Deshalb stellte das OLG Köln fest, dass weitere Nachfristsetzungen eine bloße Förmelei gewesen wären. Das Gericht führte aus, dass durch das beständige Bestreiten des Mangels durch den Beklagten eine gerichtliche Fristsetzung überflüssig wurde. Dies begründete das Gericht dahingehend, dass der Beklagte während des gesamten Verfahrens und auch noch im Beweisverfahren keine Bereitschaft zur Anerkennung der Mängel zeigte, sondern diese verantwortlich von sich wies.

Aber Achtung: Damit ist nicht entschieden, dass das prozessuale Bestreiten eines Mangels allein ausreichend, eine Frist entbehrlich zu machen. Hier kamen eine Vielzahl von Umständen zusammen, die in Summe ausreichten.

Ohne Frist verbleibt ein Risiko.

  • Sowieso-Kosten:

Ein zentraler Aspekt in diesem Urteil war die Frage nach den sogenannten “Sowieso-Kosten”.

Diese betreffen diejenigen Kosten, die ohnehin angefallen wären, wenn die Arbeiten von Anfang an in der nun erforderlichen Weise ausgeführt worden wären.

Das Gericht befasst sich intensiv mit der Schadensberechnung und berücksichtigt dabei die abzuziehenden Sowieso-Kosten, wie zum Beispiel zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen und spezifische Stundenlohnarbeiten, die nicht Bestandteil des ursprünglichen Vertrages waren.

Das Gericht stellte somit klar, dass als Sowieso-Kosten nur solche Kosten abgezogen werden können, die bei einer fachgerechten und von vornherein mangelfreien Ausführung auch entstanden wären und daher nicht gesondert als Schäden geltend gemacht werden können.

Folgen für die Praxis:

Das Urteil des OLG Köln hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis. Für Bauunternehmer bedeutet es, dass sie sorgfältig mit der Verantwortlichkeit für Mängel umgehen müssen. Das beharrliche Bestreiten von Verantwortung kann die Möglichkeit der Nachbesserungspflicht und damit eine Berechtigung zur erneuten Fristsetzung entfallen lassen, was sich nachteilig auf ihre Prozesschancen auswirkt.

Angesichts der genauen und differenzierten Handhabung von Sowieso-Kosten sollten Bauunternehmer versuchen, zu Anfang des Vertrags klarzustellen, welche Maßnahmen über den vertraglich vereinbarten Leistungsumfang hinausgehen. Der Pauschale Hinweis auf Sowieso-Kosten entbindet nicht von der Pflicht zu Mangelbeseitigung.

Für Bauherren bedeutet das Urteil eine Stärkung ihrer Position: Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung bei beharrlicher Verweigerungshaltung einer Partei erleichtert einen raschen Durchgriff auf Schadensersatzansprüche und erhöht die Rechtssicherheit im Falle von Mängeln.

Die Differenzierung zwischen einzelnen Kostengruppen wie Sowieso-Kosten und zusätzlichen Maßnahmen verdeutlicht die Bedeutung sorgfältiger Nachweise und Kostenprüfungen im Bau- und Werkvertragsrecht. Die Entscheidung at durch die Anerkennung von umfassenden Sanierungsansprüchen für den Bauherrn die Rechte von Bauherren gestärkt und zwingt Bauunternehmer zur intensiveren und verantwortungsvolleren Prüfung, Planung und Durchführung ihrer Bauleistungen.