Wer erbt, wenn der Erblasser im Ausland lebte, aber sein Leben in Deutschland stattfand? Diese Frage stellt sich oft im internationalen Erbrecht. Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat dazu mit Beschluss vom 29.01.2025 eine praxisrelevante Entscheidung getroffen (Az. 5 W 50/24).

Was war passiert?

Ein Erblasser wohnte zuletzt in Frankreich, lebte und arbeitete aber im Wesentlichen in Deutschland. Er war Geschäftsführer zweier deutscher Unternehmen, unterhielt dort seinen Lebensmittelpunkt, sprach ausschließlich Deutsch und wurde auch medizinisch nur in Deutschland behandelt.

Nach seinem Tod beantragten mehrere seiner Kinder ein Europäisches Nachlasszeugnis (Art. 62 ff. EU-ErbVO), um ihre Erbenstellung – insbesondere hinsichtlich Grundbesitzes in Frankreich – nachzuweisen. Das Amtsgericht lehnte dies zunächst ab, da ein Beteiligter eine mögliche uneheliche Nachkommenschaft behauptete. Das OLG Saarbrücken sah das anders.

Entscheidung: Deutschland zuständig – Nachlasszeugnis zu erteilen

Das OLG bejahte die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, da der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in Deutschland lag – trotz Wohnsitzes in Frankreich. Entscheidend sei eine Gesamtbetrachtung der Lebensumstände vor dem Tod (§ Art. 4 EuErbVO):

  • Beruflicher Schwerpunkt in Deutschland

  • Soziale und familiäre Bindungen ausschließlich in Deutschland

  • Keine tiefere Integration in Frankreich erkennbar

Auch die Einwände gegen die gesetzliche Erbfolge – eine anonyme telefonische Behauptung über ein weiteres Kind – wurden mangels Substanz zurückgewiesen. Das Europäische Nachlasszeugnis war daher auszustellen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Das Urteil zeigt: Der tatsächliche Lebensmittelpunkt zählt, nicht der formale Wohnsitz. Wer international lebt, sollte Klarheit schaffen – etwa durch ein Testament oder eindeutige Hinweise auf den gewöhnlichen Aufenthalt.

Zudem unterstreicht die Entscheidung die praktische Bedeutung des Europäischen Nachlasszeugnisses, das in allen EU-Mitgliedstaaten (außer Dänemark) anerkannt wird und die Abwicklung grenzüberschreitender Nachlässe erheblich erleichtert.