Personengesellschaften wie die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) unterliegen einem grundsätzlich anderen Organisationsprinzip als Kapitalgesellschaften. Während bei einer GmbH oder AG ein Fremdgeschäftsführer problemlos bestellt werden kann, ist dies bei Personengesellschaften nicht ohne Weiteres möglich. Grund dafür ist das Prinzip der Selbstorganschaft, das in § 124 Handelsgesetzbuch (HGB) verankert ist.

Doch gibt es Ausnahmefälle, in denen eine Fremdorganschaft zulässig ist? Dieser Ratgeber klärt die rechtliche Lage, relevante Normen und praxisrelevante Möglichkeiten. Zudem werden alternative Wege zur unternehmerischen Führung einer OHG oder KG betrachtet.




1. Prinzip der Selbstorganschaft in der OHG und KG

Das Prinzip der Selbstorganschaft bedeutet, dass die Gesellschafter einer OHG sowie die Komplementäre einer KG automatisch vertretungsberechtigt sind, ohne dass es eines besonderen Bestellungsakts bedarf. Diese gesetzliche Regelung unterscheidet sich wesentlich von den Vorschriften für Kapitalgesellschaften, bei denen eine Trennung zwischen Eigentümern und der Unternehmensführung durch Dritte möglich ist.

Rechtsgrundlage: § 124 HGB n.F.

„Die Gesellschaft wird durch die Gesellschafter, denen die Vertretung zusteht, gerichtlich und außergerichtlich vertreten.“

Daraus folgt:

  • Mindestens ein Gesellschafter muss stets vertretungsbefugt sein, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen.

  • Die Vertretungsmacht kann nicht auf Prokuristen oder sonstige externe Vertreter übertragen werden, da die Selbstorganschaft grundlegend für Personengesellschaften ist.

  • Eine Fremdorganschaft, also die Bestellung eines außenstehenden Dritten als organschaftlichen Vertreter, ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Gesellschaftsvertragliche Regelungen

Die dispositive gesetzliche Regelung erlaubt es allerdings, die Einzelvertretung durch eine Gesamtvertretung zu ersetzen (§ 124 Abs. 2 HGB). Dies bedeutet:

  • Die Gesellschaft kann regeln, dass Entscheidungen nur durch mehrere Gesellschafter gemeinsam getroffen werden dürfen.

  • Dies kann durch vertragliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden, um eine einheitliche Führung und Kontrolle der Gesellschaft zu gewährleisten.

Trotz dieser Regelungsmöglichkeiten bleibt das Prinzip der Selbstorganschaft erhalten, da die vertretungsberechtigten Personen zwingend Gesellschafter sein müssen.




2. Kann ein Fremdgeschäftsführer in einer Personengesellschaft bestellt werden?

Ein grundsätzlich außenstehender Dritter kann nicht als organschaftlicher Vertreter der OHG oder KG fungieren. Allerdings gibt es Möglichkeiten, einer dritten Person weitreichende Entscheidungsbefugnisse einzuräumen, ohne die Grundsätze der Selbstorganschaft zu verletzen:

a) Generalvollmacht oder Prokura

  • Einem externen Manager kann eine Generalvollmacht erteilt werden, die ihm weitgehende Befugnisse zur Unternehmensführung einräumt.

  • Ebenso ist die Bestellung eines Prokuristen möglich (§ 48 HGB), der bestimmte Vertretungsbefugnisse erhält.

  • Diese Vollmachten sind jedoch jederzeit widerruflich, was eine klare Abgrenzung zur Organstellung eines Geschäftsführers darstellt.

b) Betriebsführungsvertrag

  • Ein externer Manager kann durch einen Betriebsführungs- oder Managementvertrag eingebunden werden.

  • Dies bedeutet, dass er umfassende Entscheidungsbefugnisse übernimmt, ohne formal als Geschäftsführer eingetragen zu sein.

  • Die Gesellschafter bleiben jedoch rechtlich die alleinigen Vertreter der Gesellschaft.

Diese Modelle sind in der Praxis weit verbreitet, da sie rechtlich zulässig sind und den gewünschten unternehmerischen Freiraum bieten. Dennoch bleibt die Verantwortung formal bei den Gesellschaftern, was potenzielle Haftungsfragen mit sich bringen kann.




3. Ausnahme: Fremdorganschaft in der Liquidation

Eine Fremdorganschaft wird erst dann möglich, wenn sich die Gesellschaft in der Liquidation befindet. Das bedeutet, dass nach der Auflösung der Gesellschaft externe Personen als Liquidatoren fungieren können.

Rechtsgrundlage: § 145 Abs. 3 HGB n.F.

„Die Gesellschafter können einen Dritten zum Liquidator bestellen, sofern nichts anderes vereinbart wurde.“

Was bedeutet das für die Praxis?

  • Nach der Auflösung der Gesellschaft ist ein außenstehender Dritter als Liquidator zulässig.

  • Auch in Sonderfällen wie der gerichtlichen Liquidation kann eine externe Person als besonderer Vertreter bestellt werden.

  • Das Prinzip der Selbstorganschaft wird in dieser Phase durchbrochen, da die Gesellschaft auf ihre Abwicklung fokussiert ist.




Fazit

  • In der laufenden Geschäftstätigkeit einer OHG oder KG kann kein Fremdgeschäftsführer bestellt werden.

  • Alternativ können externe Personen über Generalvollmacht, Prokura oder Managementverträge umfassende Kompetenzen erhalten.

  • Erst in der Liquidationsphase ist die Bestellung eines externen Liquidators rechtlich möglich.

Daher sollten Unternehmer frühzeitig prüfen, welche Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um eine effiziente Unternehmensführung sicherzustellen.


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