Irreführende Werbung und Wettbewerbsrecht – Beispiele, Grenzen, Zulässigkeit, Abmahnung

Im Zentrum des deutschen Lauterkeitsrechts steht das Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen. Insbesondere die Werbung wird hierbei streng betrachtet. Ziel ist es, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten und Verbraucher sowie andere Marktteilnehmer vor falschen oder missverständlichen Informationen zu schützen, die ihre Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflussen könnten. Unternehmen, die gegen diese Vorschriften verstoßen, sehen sich schnell rechtlichen Konsequenzen gegenüber – von der Abmahnung über einstweilige Verfügungen bis hin zu Schadenersatzforderungen.

Dieser Beitrag bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, beleuchtet typische Fallgestaltungen und zeigt auf, wie Unternehmen sowohl als Werbende als auch als Betroffene irreführender Werbung rechtlich vorgehen können. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an unsere Spezialisten im Wettbewerbsrecht, wir beraten Sie zu allen Fragen der Irreführenden Werbung:

Irreführende Werbung – Grenzen der zulässigen Werbung

Grundverständnis: Was bedeutet „irreführende Werbung“?

Unter einer irreführenden geschäftlichen Handlung versteht das Gesetz gemäß § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) jede Aussage, Darstellung oder Handlung eines Unternehmens, die geeignet ist, beim angesprochenen Personenkreis eine Fehlvorstellung zu erzeugen. Dies betrifft sowohl objektiv falsche Angaben als auch solche, die mehrdeutig, unvollständig oder suggestiv sind und beim Durchschnittsverbraucher falsche Erwartungen wecken können.

Nicht entscheidend ist, ob die Irreführung beabsichtigt war – bereits die objektive Eignung zur Täuschung reicht aus. Maßgeblich ist, wie die jeweilige Zielgruppe die Aussage unter Berücksichtigung aller Umstände versteht.

Rechtliche Konsequenzen für irreführende Werbung

Stellt sich eine Werbeaussage als irreführend heraus, können betroffene Mitbewerber oder bestimmte Verbände dagegen vorgehen. Typische Reaktionsmöglichkeiten sind:

  • Abmahnung Irreführende Werbung: Aufforderung zur Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

  • Einstweilige Verfügung Irreführende Werbung: Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz, um weitere Verstöße sofort zu unterbinden.

  • Unterlassungsklage Irreführende Werbung: Gerichtliche Klärung der Wettbewerbswidrigkeit mit verbindlichem Urteil.

  • Schadenersatz Irreführende Werbung: Ersatz des durch die Irreführung verursachten wirtschaftlichen Schadens.

Unsere Kanzlei begleitet Mandanten sowohl bei der Abwehr solcher Vorwürfe als auch bei der Durchsetzung eigener Rechte gegenüber unlauter agierenden Wettbewerbern.

Irreführender Werbung - Typische Fallgruppen

1. Mehrdeutige oder unklare Aussagen als Irreführung

Werbeaussagen, die mehrere Deutungen zulassen, müssen jeder dieser Deutungsmöglichkeiten gerecht werden – andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Auch unklare Formulierungen, bei denen das Publikum keine eindeutige Vorstellung vom beworbenen Produkt entwickelt, sind problematisch, wenn daraus eine Fehlvorstellung über wesentliche Eigenschaften resultiert.

Beispiel: Eine Matratze wird als „aus Natur-Latex“ bezeichnet, enthält aber nur einen geringen Anteil davon – dies kann beim Verbraucher falsche Vorstellungen hervorrufen.

2. Werbung mit Selbstverständlichkeiten und irreführende Werbung

Ein klassischer Irrtum liegt auch dann vor, wenn in der Werbung Fakten hervorgehoben werden, die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben oder marktüblich sind. Solche „Pseudovorteile“ verleiten Kunden zur Annahme eines besonderen Qualitätsmerkmals (Werbung mit Selbstverständlichkeiten)

Beispiele:

  • „Unsere Produkte enthalten 24 Monate Gewährleistung.“

  • „Bei uns erhalten Sie eine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer.“

3. Übertreibungen und Superlative und irreführende Werbung

Zwar sind überzogene oder emotionale Werbebotschaften grundsätzlich erlaubt, solange sie als solche erkennbar bleiben. Doch wenn Aussagen wie „unzerreißbar“ oder „für die Ewigkeit“ objektiv falsch oder irreführend sind, liegt ein Verstoß gegen § 5 UWG vor.

Ein Beispiel: Die Aussage „Die besten Fenster Deutschlands“ impliziert eine überprüfbare Spitzenstellung – dafür muss der Anbieter entsprechende Nachweise erbringen.

4. Werbung mit fremden Meinungen und Studien als Irreführung

Besondere Vorsicht gilt bei der Verwendung von Meinungen Dritter – etwa Kundenbewertungen, wissenschaftlichen Gutachten oder Aussagen von Fachpersonen. Wer solche Aussagen in seine Werbung einbezieht, übernimmt sie rechtlich.

Problematisch sind zum Beispiel:

  • Studien, die nicht veröffentlicht oder wissenschaftlich nicht abgesichert sind

  • Meinungsäußerungen, die aus dem Zusammenhang gerissen oder suggestiv aufbereitet wurden

5. Werbung mit Kundenmeinungen und Bewertungen als Irreführung

Verbraucher vertrauen auf Bewertungen anderer Nutzer – umso wichtiger ist deren Echtheit. Es gilt als irreführend, Bewertungen zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese tatsächlich von Kunden stammen, die das Produkt gekauft oder verwendet haben.

Irreführende Varianten sind u. a.:

  • Gefälschte oder bezahlte Bewertungen

  • Entfernen negativer Rezensionen

  • Weiterverwendung veralteter Bewertungen nach Produktänderungen

7. Irreführung über Verfügbarkeit und irreführende Werbung

Im stationären Handel wie im E-Commerce dürfen keine falschen Angaben über Vorräte oder Lieferzeiten gemacht werden. Aussagen wie „Nur noch drei Stück verfügbar“ oder „Sonderpreis nur heute“ sind unzulässig, wenn sie nicht stimmen oder systematisch zur Kundenlenkung eingesetzt werden.

Auch die suggerierte Knappheit durch Countdown-Timer oder künstlich begrenzte Stückzahlen kann zu einer Abmahnung führen.

8. Zusammensetzung und Inhaltsstoffe und irreführende Werbung

Wird beispielsweise ein Shampoo als „mit natürlichen Ölen“ beworben, obwohl diese nur in minimaler Konzentration enthalten sind, kann das beim Verbraucher den Eindruck eines hochwertigen Naturprodukts erzeugen – ein klarer Fall von Irreführung.

Gleiches gilt für Begriffe wie „Bio“, „ohne Zusatzstoffe“ oder „aus Deutschland“, wenn die Realität dem nicht entspricht.

9. Werbung mit Markennamen und Herkunftsangaben als Irreführung

Verbraucher verbinden mit Markennamen Qualität und Herkunft. Die Bezeichnung „Markenware“ darf nur verwendet werden, wenn es sich tatsächlich um ein markengeschütztes und bekanntes Produkt handelt.

Kritisch sind auch Herkunftsangaben wie „Made in Germany“, wenn nur die Verpackung in Deutschland erfolgt oder nur ein Teil der Produktion hier stattfindet. Entscheidend ist der qualitative Kern der Herstellung.

10. Werbung mit Testergebnissen und irreführende Werbung

Nur aktuelle und zutreffende Testergebnisse dürfen werblich verwendet werden. Aussagen wie „Testsieger bei Stiftung Warentest“ bedürfen der exakten Quelle, des Datums und dürfen nicht einseitig oder verkürzt wiedergegeben werden. Zudem dürfen Testergebnisse nicht „frei interpretiert“ werden.

11. Preiswerbung als Irreführung– besonders fehleranfällig

Die Bewerbung von Preisen ist eines der sensibelsten Themenfelder in der Werbung. Unzulässige Preisgestaltung kann etwa vorliegen, wenn:

  • Preisschaukelei betrieben wird (kurzfristige Preismanipulation)

  • Statt-Preise unklar sind („statt 59,99 €“ – welcher Preis ist gemeint?)

  • Vergleiche mit UVP gemacht werden, obwohl keine gültige Empfehlung besteht

  • Durchgestrichene Preise nicht tatsächlich vorher verlangt wurden

  • Unvollständige Angaben zum Endpreis erfolgen (z. B. ohne Versandkosten)

12. Werbung mit Herkunft, Betrieb oder Domainnamen als Irreführung

Wird mit geografischen Bezeichnungen geworben, müssen diese nachvollziehbar sein. Eine Domain wie „berliner-heilpraxis.de“ ist irreführend, wenn sich die Praxis nicht in Berlin befindet.

Auch Fantasienamen wie „Fürstenthaler“ können als irreführend gelten, wenn sie beim Verbraucher den Eindruck geografischer oder qualitativer Herkunft erzeugen.

13. Werbung mit Wirkaussagen als Irreführung – besonders heikel im Gesundheitsbereich

Aussagen über die Wirkung von Produkten müssen wissenschaftlich belegbar und rechtlich zulässig sein. Besonders im Bereich Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika und Arzneimittel gelten strenge Vorschriften:

  • Verbot der Heilversprechen bei Lebensmitteln

  • Pflicht zur wissenschaftlichen Fundierung von gesundheitsbezogenen Aussagen

  • Verbot der Werbung mit Heilwirkung bei fehlenden Studien

14. Lockangebote und Scheinrabatte als irreführende Werbung

Verbraucher gezielt mit übermäßig günstigen Preisen zu locken, obwohl die Ware kaum oder gar nicht verfügbar ist, stellt sogenannte Lockvogelwerbung dar. Auch Rabatte, die niemals enden, wie „nur heute 20 %“, obwohl die Aktion regelmäßig verlängert wird, sind unzulässig.

15. Adwords, Meta-Tags und technische Mittel

Im Online-Marketing ist auch die Gestaltung der Meta-Tags, Deep-Links oder Google Ads-Anzeigen rechtlich relevant. Wer z. B. fremde Markennamen als Suchbegriffe verwendet, um eigene Produkte zu bewerben, riskiert rechtliche Auseinandersetzungen.

16. Werbung unter Berufung auf Dritte als Irreführung – Risiken durch fremde Aussagen

Wer ein Produkt unter Zuhilfenahme fremder Aussagen bewirbt, insbesondere durch die Wiedergabe von Meinungen Dritter, übernimmt diese inhaltlich und steht daher auch für deren Richtigkeit ein. Dies betrifft nicht nur Aussagen von Privatpersonen, sondern auch fachliche Einschätzungen, beispielsweise aus wissenschaftlichen Arbeiten oder Gutachten. Die Verantwortung für potenziell täuschende Angaben bleibt somit beim Werbetreibenden. So kann es etwa irreführend sein, eine nicht zugängliche Studie zu zitieren mit dem Hinweis, dass ein Großteil familienpsychologischer Expertisen angeblich mangelhaft sei, obwohl diese Angabe auf einem nicht überprüfbaren Gutachten basiert (siehe OLG Karlsruhe, WRP 2023, 477). Solche Aussagen fallen klar unter das Täuschungsverbot des § 5 UWG und können durch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen unterbunden werden.

17. Werbung mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen – Vertrauensfaktor mit Fallstricken

Wer sich wissenschaftlicher Publikationen für Werbezwecke bedient, muss sicherstellen, dass diese Arbeiten den anerkannten Standards wissenschaftlicher Methodik genügen. Dies bedeutet insbesondere, dass Studien transparent, nachvollziehbar und korrekt durchgeführt wurden. Wird beispielsweise mit einer medizinischen Studie geworben, die wichtige Variablen unbeachtet lässt oder deren Methodik nicht valide ist, liegt eine Wettbewerbsverletzung wegen Irreführung nahe. Der wissenschaftliche Anschein darf nicht ausgenutzt werden, um dem Verbraucher eine fachliche Fundierung vorzutäuschen, die tatsächlich nicht existiert.

18. Qualität durch Gütesiegel als Irreführung – nur bei echter Prüfkompetenz zulässig

Auch die Werbung mit Gütezeichen unterliegt strengen rechtlichen Maßstäben. Diese Siegel signalisieren dem Konsumenten bestimmte Qualitäts- oder Sicherheitsstandards und setzen eine objektive, unabhängige Bewertung durch Dritte voraus. Wenn ein Gütesiegel nicht von einer neutralen Instanz vergeben wurde oder keine kontinuierliche Überprüfung gewährleistet ist, kann eine solche Werbung irreführend sein. Beispielsweise stellt es eine Täuschung dar, wenn eine Auszeichnung durch einen Steuerberater als Gütesiegel für touristische Dienstleistungen genutzt wird (OLG Frankfurt GRUR 1994, 523), oder wenn ein firmeneigenes „Bio“-Logo in der Aufmachung staatlich anerkannter Siegel erscheint (LG München I WRP 2021, 829). Auch Aussagen wie „Wir unterstützen keine Kinderarbeit“ können unzulässig sein, wenn keine effektiven Kontrollmaßnahmen existieren (LG Stuttgart WRP 2006, 1156).

19. Heilmittelwerbung als Irreführung – Grenzen der Emotionalisierung

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG ist es untersagt, bei gesundheitsbezogener Werbung außerhalb von Fachkreisen auf nicht fachlich fundierte Äußerungen Dritter Bezug zu nehmen, z. B. durch Empfehlungen oder Dankesschreiben. Die Nutzung solcher Aussagen darf nicht in manipulativer oder missbräuchlicher Weise erfolgen. Kundenbewertungen auf Plattformen wie Amazon sind hiervon jedoch ausgenommen, sofern der Anbieter sich diese nicht ausdrücklich zu eigen macht (BGH GRUR 2020, 543). Mehr zum Heilmittelwerbegesetz finden Sie hier:

Anwalt HWG Heilmittelwerbegesetz Heilmittelwerbung Heilmittelwerberecht

20. Verfügbarkeitsangaben und irreführende Werbung – Realität vs. Werbeversprechen

Es ist unzulässig, durch Werbeaussagen einen falschen Eindruck über die Verfügbarkeit von Waren oder Dienstleistungen zu erzeugen. Besonders im B2C-Bereich ist die Rechtslage eindeutig: Unternehmen dürfen nicht suggerieren, dass ein Produkt in ausreichender Menge verfügbar ist, wenn dies faktisch nicht der Fall ist. Auch im B2B-Sektor ist laut § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG die Irreführung über Lieferfähigkeit untersagt, wobei dort eine großzügigere Auslegung in der Praxis üblich ist.

21. Verfügbarkeitszeiträume als Irreführung – problematische Verknappung im E-Commerce

Häufig verwenden Onlinehändler Aussagen wie „nur noch drei Stück auf Lager“ oder „nur heute gültig“, um künstlich Dringlichkeit zu erzeugen. Wenn solche Angaben tatsächlich nicht stimmen oder systematisch zur Verkaufsförderung eingesetzt werden, handelt es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung gemäß § 5 UWG.

22. Produktzusammensetzung  als Irreführung – Transparenz ist Pflicht

Verbraucher treffen Kaufentscheidungen häufig auf Grundlage der angegebenen Inhaltsstoffe. Wer hier ungenaue oder missverständliche Informationen verbreitet, begeht eine irreführende Handlung. Selbst wenn das Produkt die erwartete Qualität liefert, bleibt die Werbung unzulässig, wenn die Zusammensetzung falsch dargestellt wurde.

Typische Fälle:

  • Kosmetika: Ein Pflegeöl, das als „natürlich“ beworben wird, muss im Wesentlichen aus natürlichen Substanzen bestehen. Besteht es überwiegend aus synthetischen Inhaltsstoffen, liegt eine Täuschung vor.

  • Matratzen: Wird mit „allergenfreiem Natur-Latex“ geworben, obwohl der Naturanteil nur bei 10 bis 30 % liegt, ist dies irreführend – Verbraucher erwarten einen deutlich höheren Anteil.

  • Torfprodukte: Wenn ein Produkt aus industriell verarbeitetem Schlamm stammt, darf es nicht als „Torf“ verkauft werden – selbst wenn die Wirkung vergleichbar ist.

Bei Getränken:

  • Natürliches Mineralwasser: Darf nur verwendet werden, wenn es wirklich aus geschützten, unterirdischen Quellen stammt und eine gleichbleibende Zusammensetzung besitzt.

  • Tafelwasser: Darf nicht mit Begriffen beworben werden, die Reinheit oder geografische Herkunft suggerieren.

23. Qualitätsversprechen und Markendarstellung – Vertrauen verpflichtet

Die Aussage, es handle sich um ein Markenprodukt, ist rechtlich nur zulässig, wenn tatsächlich eine eingetragene Marke existiert, die am Markt bekannt ist und für gleichbleibende Qualität steht. Allein das Vorhandensein eines Logos oder Namens reicht nicht.

Beispiele für Irreführung:

  • Markenbenzin: Wird Benzin ohne Markenkennzeichnung als solches verkauft, obwohl es vom gleichen Hersteller stammt, ist das unzulässig.

  • Markenware vs. Markenqualität: Der Begriff „Markenqualität“ ist dagegen zulässig, wenn nur auf die vergleichbare Güte hingewiesen wird, ohne eine konkrete Marke zu nennen.

  • Dual Quality: Die Vermarktung eines Produkts in verschiedenen EU-Ländern mit abweichender Rezeptur unter gleichem Namen kann ebenfalls als Täuschung gewertet werden.

24. Herkunftskennzeichnung und irreführende Werbung – „Made in Germany“ richtig nutzen

Kennzeichnungen wie „Made in Germany“ oder „Deutsches Erzeugnis“ sind nur dann statthaft, wenn der wesentliche Teil der Wertschöpfung in Deutschland stattgefunden hat. Eine bloße Endmontage oder Verpackung genügt nicht.

Beispiele:

  • Kondome: Werden diese im Ausland produziert, aber lediglich in Deutschland verpackt, ist die Bezeichnung „Made in Germany“ irreführend (BGH GRUR-RR 2015, 209).

  • Spitzenerzeugnis: Begriffe wie „deutsches Spitzenerzeugnis“ setzen voraus, dass das Produkt zur obersten Qualitätsklasse innerhalb Deutschlands gehört.

25. Technische Produktmerkmale  als Irreführung – Objektivität statt Übertreibung

Technische Angaben wie Leistung, Widerstandsfähigkeit oder Dichtigkeit sind häufig ausschlaggebend für die Kaufentscheidung. Werden solche Eigenschaften unzutreffend oder übertrieben dargestellt, handelt es sich um eine Wettbewerbsverletzung. Selbst bei Bezug auf Normwerte oder Produkttypen darf der Konsument nicht über die tatsächlichen Fähigkeiten des Produkts hinweggetäuscht werden.

26. Domainnamen und irreführende Werbung – Klarheit über Anbieteridentität

Domainnamen mit generischen Begriffen können leicht zur Irreführung führen, insbesondere wenn suggeriert wird, es handle sich um den einzigen oder offiziellen Anbieter. Beispielsweise kann „Mitwohnzentrale.de“ als exklusives Angebot wahrgenommen werden – dem muss durch deutliche Hinweise entgegengewirkt werden.

Problematische Fälle:

  • Gattungsbegriffe: z. B. „steuererklaerung.de“ für einen Lohnsteuerhilfeverein – Nutzer könnten annehmen, es handele sich um ein umfassendes Steuerberatungsangebot.

  • Geografische Namen: Domains wie „heidelberg.de“ dürfen nicht irreführend verwendet werden, insbesondere wenn sie offiziellen Einrichtungen zugeordnet sind.

27. Onlinewerbung und Irreführung – Transparenz auf den ersten Blick

Im digitalen Raum ist es entscheidend, dass wichtige Produktinformationen, insbesondere solche zur Preisgestaltung, auf der ersten ersichtlichen Seite klar dargestellt werden. Verbraucher neigen dazu, sich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren – Informationen, die erst über mehrere Klicks zugänglich sind, können zu Missverständnissen führen.

Beispiel: Wenn eine Druckertinte als „Epson Tinte“ beworben wird, der Hinweis auf ein Nachbauprodukt aber erst auf einer nachgelagerten Seite erfolgt, liegt eine Irreführung vor (BGH GRUR 2005, 438).

28. Deep Links, Framing & Meta-Tags als Irreführung – digitale Fehldarstellungen

  • Deep Links: Direkte Verlinkungen auf Unterseiten umgehen oftmals Startseiten mit wichtigen rechtlichen Hinweisen oder Warnungen. Dies kann zur Irreführung führen, wenn der Nutzer nicht den Gesamtzusammenhang erkennt.

  • Framing: Inhalte Dritter werden in der eigenen Webseite eingebunden, ohne dass deutlich wird, dass es sich nicht um eigene Inhalte handelt – eine häufige Täuschungsquelle (OLG Düsseldorf MMR 1999, 729).

  • Meta-Tags: Diese für Nutzer unsichtbaren Begriffe beeinflussen Suchmaschinenergebnisse. Die Verwendung fremder Markennamen als Meta-Tag, um Besucherströme umzulenken, stellt zwar keine irreführende Werbung dar, kann aber markenrechtlich unzulässig sein.

29. Werbeanzeigen (z. B. Adwords) und irreführende Werbung – Platz ist kein Freifahrtschein

Auch wenn bei Suchmaschinenanzeigen der Platz beschränkt ist, müssen Aussagen in der Anzeige selbst wahrheitsgemäß und nicht irreführend sein. Details dürfen auf der verlinkten Seite erklärt werden – doch diese müssen klar und verständlich zugänglich sein.

Beispiel: Eine 24-Stunden-Lieferung darf beworben werden, wenn auf der Zielseite direkt erklärt wird, dass dies nur bei Bestellungen bis 16:45 Uhr an Werktagen gilt (BGH GRUR 2012, 81).

30. Bewertungen im Netz als Irreführung – Glaubwürdigkeit ist Pflicht

Online-Bewertungen (Google, Kununu & Co.) beeinflussen Konsumenten massiv. Daher ist gesetzlich vorgeschrieben, dass nur echte Kundenmeinungen verwendet werden dürfen – und deren Authentizität muss überprüfbar sein (§ 5a Abs. 1 UWG).

Irreführende Varianten:

  • Nutzung nicht verifizierter oder gekaufter Bewertungen

  • Weiterverwendung veralteter Rezensionen nach Änderung des Angebots

  • Ausblenden negativer Bewertungen

  • Aussagen wie „100 % echte Meinungen“ ohne Belegverfahren

31. Umweltfreundlichkeit als Werbebotschaft – mit Vorsicht zu genießen

Die Bewerbung eines Produkts mit Umweltzeichen darf nur dann erfolgen, wenn das jeweilige Label auch tatsächlich von einer unabhängigen Instanz vergeben wurde und den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Wichtig:

  • Bei Siegeln wie dem „Blauen Engel“ muss klar sein, für welchen Aspekt das Produkt ausgezeichnet wurde.

  • Firmeneigene Logos dürfen nicht wie offizielle Umweltzertifikate aussehen.

  • Auch bei der Nutzung fremder Siegel durch Händler muss der Grund für die Auszeichnung transparent gemacht werden.

32. Betriebliche Herkunft als Irreführung – wo kommt das Produkt wirklich her?

Kennzeichnungen wie „Original“, „echt“ oder „exklusiv“ sollen dem Verbraucher eine Herkunft oder Authentizität signalisieren. Sie sind jedoch nur dann erlaubt, wenn ein entsprechender sachlicher Hintergrund besteht.

Beispiele:

  • „Original Düssel“ darf nicht verwendet werden, wenn es sich um ein Produkt handelt, das auch von anderen Unternehmen hergestellt wird.

  • „Exklusiv bei XY“ muss bedeuten, dass das Produkt tatsächlich nur dort erhältlich ist.

33. Preisstrategien in der Werbung – rechtliche Fallstricke

a) Preisschaukelei

Eine bewusste Manipulation durch kurzfristige Preissteigerungen und anschließende Rabatte („Mondpreise“) gilt als unlauter. Verbraucher sollen nicht durch künstlich erzeugte Ersparnisse zum Kauf verleitet werden. Flexibel gestaltete Preise sind zwar grundsätzlich erlaubt, doch darf die Werbeaussage nicht den Eindruck erwecken, dass sofortiger Handlungsdruck besteht.

b) Preisspaltung

Wird dasselbe Produkt im selben Geschäft zu unterschiedlichen Preisen angeboten – etwa an verschiedenen Stellen im Laden – und fehlt ein entsprechender Hinweis, liegt eine Irreführung vor. Gleiches gilt für abweichende Online- und Offlinepreise, wenn dies nicht klar kommuniziert wird.

c) Unstimmige Preisangaben

Wenn in verschiedenen Kanälen (z. B. Website und Suchmaschine) unterschiedliche Preise genannt werden, muss der höhere Preis gut begründet sein. Versäumt ein Händler die Aktualisierung seiner Angaben in Preissuchmaschinen, kann er für die Irreführung haftbar gemacht werden.

d) Übertreibende Preisversprechen

Bezeichnungen wie „Schnäppchen“, „Superpreis“ oder „Wahnsinnsangebot“ sind nur dann zulässig, wenn das Produkt tatsächlich im unteren Preissegment angesiedelt ist. Übertreibungen müssen einen wahren Kern haben.

34. Lockvogelangebote und irreführende Werbung – Kundenfang mit leeren Versprechen

Angebote, die bewusst besonders günstig sind, aber nur in geringem Umfang oder gar nicht verfügbar, sind als sogenannte Lockvogelwerbung verboten (§ 3 III i. V. m. Anhang Nr. 5 UWG). Der Zweck, Kunden in ein Geschäft zu locken, obwohl die beworbene Ware nicht erhältlich ist, widerspricht klar den Grundsätzen fairen Wettbewerbs.

35. Preisgarantien und irreführende Werbung – Versprechen mit Verantwortung

Eine Preisgarantie kann ein starkes Verkaufsargument sein, ist jedoch nur zulässig, wenn sie transparent, erfüllbar und nicht diskriminierend gegenüber Wettbewerbern ist. Missbräuchlich wird sie, wenn:

  • die Konditionen so gestaltet sind, dass kaum jemand sie in Anspruch nehmen kann,

  • Produkte nicht vergleichbar sind oder

  • Mitbewerber systematisch ausgeschlossen werden.

Die Garantie muss für Dritte nachvollziehbar und praktikabel sein, sonst liegt eine Täuschung vor.

36. Begriffe in der Unternehmensbezeichnung – nicht jede Bezeichnung ist erlaubt

Einzelhandelsunternehmen dürfen nur bestimmte Begriffe führen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Begriff „Apotheke“ ist streng geschützt und darf nur verwendet werden, wenn eine offizielle Approbation vorliegt.

Beispiele:

  • „Naturapotheke“: Irreführend bei fehlender apothekenrechtlicher Zulassung

  • „Tattoo Apotheke“: Nicht täuschend, wenn keine Tätowierungen angeboten werden

  • „Fachdrogerie“: Setzt Spezialisierung und Fachwissen voraus

37. Traditionswerbung – mit Vorsicht genießen

Die Berufung auf ein langes Bestehen des Unternehmens („Seit 1880“, „über 100 Jahre Erfahrung“) erzeugt beim Verbraucher Vertrauen. Solche Angaben müssen jedoch nachweisbar sein. Wer sich älter macht als das Unternehmen tatsächlich ist, begeht eine Irreführung.

38. Schutzrechte als Werbemittel – Wahrheit zählt

Hinweise wie „patentiert“, „geschützt“ oder „gesetzlich gesichert“ dürfen nur dann verwendet werden, wenn tatsächlich ein eingetragenes Schutzrecht besteht. Die bloße Anmeldung oder der Wunsch nach Schutz reicht nicht aus. Auch Unterlassungsaufforderungen auf Basis nicht bestehender Rechte sind als wettbewerbswidrig zu bewerten.

39. CE-Kennzeichen  und irreführende Werbung – keine Prüfzertifikate

Die CE-Kennzeichnung signalisiert die Übereinstimmung eines Produkts mit europäischen Sicherheitsanforderungen. Sie wird vom Hersteller selbst angebracht – nicht durch unabhängige Prüfstellen. Deshalb ist die Werbung mit Begriffen wie „CE-zertifiziert“ oder „CE-geprüft“ unzulässig, da sie suggeriert, eine neutrale Instanz habe das Produkt überprüft (OLG Düsseldorf, Az. I-15 U 58/15).

40. Halogenlampen als Energiesparlampen? Irreführung!

Die Bezeichnung von Halogenlampen als „Sparlampe“ oder „Energy Saver“ ist unzulässig, da sie im Vergleich zu LED-Leuchtmitteln deutlich ineffizienter sind. Solche Werbeaussagen führen Verbraucher in die Irre und verstoßen gegen das Wettbewerbsrecht (OLG Nürnberg, Az. 3 U 3053/19).

41. Energieeffizienzklasse – Pflicht zur Information

Wer Produkte mit Energieverbrauch verkauft, muss laut EU-Verordnung 2017/1369 über die Energieeffizienzklasse und das gesamte Spektrum der Einstufungen informieren. Fehlt diese Angabe, liegt eine Irreführung vor. Die Information muss leicht auffindbar und sofort verständlich sein – nicht versteckt auf einer Unterseite.

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Unsere Spezialisten im Wettbewerbsrecht beraten Sie zu allen Fragen des Werberechts, insbesondere der vergleichenden und belästigenden Werbung, der unlauteren Nachahmung und der 

Irreführenden Werbung