Fall
Die betroffene Klägerin war Lehrerin. Aufgrund verschiedener dienstlicher Konflikte, die aus Sicht des Dienstherrn Anlass zu Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit gaben, ordnete dieser wiederholt die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin an. Die Klägerin kam den Untersuchungsanordnungen nicht nach. Der beklagte Dienstherr versetzte die Klägerin daraufhin wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand, ohne eine anderweitige Verwendbarkeit der Klägerin zu prüfen. Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben.
Lösung
Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten mehr als 3 Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von (in Baden-Württemberg) weiteren 6 Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
Grundsatz: Dienstherr muss nach anderweitiger Verwendung suchen
Ein Beamter ist nicht dienstunfähig, wenn er in seiner Beschäftigungsbehörde auf einem anderen Dienstposten verwendet werden kann, der seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Dem Dienstherrn obliegt die Suche nach einer anderweitigen Verwendung für dienstunfähige Beamte.
Ausnahme: Beamter verweigert amtsärztliche Untersuchung
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun klargestellt (BVerwG 2 C 17.23 - Urteil vom 27. Juni 2024): wird aus der Verweigerung einer – rechtmäßig angeordneten – ärztlichen Begutachtung auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen, entfällt die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch dann, wenn die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind (in Baden-Württemberg gibt es eine entsprechende Regelung, vgl. § 53 Abs. 1 S. 2 LBG BW), kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO von der Verweigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, auf die Dienstunfähigkeit des Beamten geschlossen werden. Die Annahme der Beweisvereitelung setzt aber voraus, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass die tatsächlichen Anhaltspunkte, die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten begründen, in der Anordnung aufgeführt sind. Der Beamte muss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er das Risiko, sich der ärztlichen Untersuchung nicht zu unterziehen, in Kauf nehmen oder ggf. ein gerichtliches Eilverfahren anstrengen möchte. Art (Fachrichtung) und Umfang der Untersuchung sind in der Anordnung vom Dienstherrn zu bestimmen. Die Festlegung des Umfangs (etwa orientierende Untersuchung / fachärztliche Zusatzbegutachtungen) dient der Beschränkung der Untersuchung auf das für die Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderliche Maß. Einer Festlegung des Untersuchungsablaufs oder einzelner Untersuchungsmethoden bedarf es dabei nicht. Ist die Untersuchung rechtmäßig angeordnet worden und hat der Beamte ihr nicht Folge geleistet, darf der Dienstherr von dessen Dienstunfähigkeit ausgehen. In diesem Fall entfällt auch die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit, weil mangels jeglicher ärztlicher Erkenntnisse von einem fehlenden Restleistungsvermögen des Beamten auszugehen ist.
Praxistipp
In der Praxis müssen daher betroffene Beamte genau überlegen, ob sie eine angeordnete ärztliche Untersuchung verweigern, zumal dies auch anderweitige Folgen haben kann.