Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass eine Tätowiererin eine Künstlerin ist und damit in die Künstlersozialversicherung aufgenommen werden muss (BSG, Urt. v. 27.06.2024, B 3 KS 1/23 R). Selbstständige Tätowierer können so durch die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung 50% der Beiträge sparen, welche sie bei anderen gesetzlichen Krankenkassen leisten müssten.


Warum ist die Künstlersozialversicherung so günstig?

Die Künstlersozialversicherung bietet selbständigen Künstlern und Publizisten eine soziale Absicherung vergleichbar mit derjenigen von Angestellten. Die Versicherten zahlen nur die Hälfte der Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Obwohl sie Selbstständige sind, werden sie so gestellt als sein siehe Arbeitnehmer. Die Versicherung stellt damit sicher, dass die Berufsgruppe der Künstler Zugang zu wichtigen sozialen Sicherungssystemen haben, indem sie die Beiträge durch die Beteiligung von Institutionen, die die Kunst verwerten (z.B. Theater, Galerien) und staatlichen Zuschüssen finanzierbar macht. Die anderen 50 % werden für diese Selbstständigen vom Bund aus Steuern bezahlt und von potentiellen Auftraggebern.


Wann können Tätowierer Mitglied der Künstlersozialversicherung werden?

In Ausnahmefällen sind Tätowierer Künstler und müssen in der Künstlersozialversicherung versichert werden.

In früheren Gerichtsentscheidungen wurde Tätowieren als handwerkliche Tätigkeit und nicht als Kunst angesehen, da der Schwerpunkt auf manuell-technischen Fähigkeiten läge (BSG-Urteil vom 28. Februar 2007 - B 3 KS 2/07 R). Eine Aufnahme von Tätowierern in die Künstlersozialversicherung war damit in der Regel nicht möglich.


Das Bundessozialgericht hält in seiner aktuellen Entscheidung nun grundsätzlich an dieser Auffassung fest, erkennt jedoch eine weitere Ausnahme an. Diese Ausnahme soll für Tätowierer gelten, die als Künstler ausgebildet oder anerkannt sind und bei denen der Entwurf des individuellen Motivs und dessen Umsetzung in einem Tattoo als Unikat zu einem Gesamtkunstwerk verwoben sind.


Dazu führt das Bundessozialgericht aus:

„Erforderlich hierfür ist die Zugehörigkeit zur Gruppe der Tätowierer, die künstlerisch ausgebildet oder als Künstler anerkannt sind. Hinzukommen muss, dass sich bei ihnen zwischen Kunst und Handwerk nicht trennen lässt, weil das aus zeichnerisch-entwerfender kreativer Tätigkeit entstandene individuelle Motiv und dessen Umsetzung sowie Fertigstellung auf und in der Haut mit eigenschöpferischem Gestaltungsspielraum beziehungsweise kreativen Freiheiten in einem künstlerischen Vorgang verwoben sind und das Tätowieren nicht die bloße technische Umsetzung einer kreativen Idee ist. Motiv und Tätowierung bilden vielmehr ein Gesamtkunstwerk und bleiben ein Unikat, das nicht weiter produziert und vermarktet wird. Auch bei Anerkennung dieser Ausnahme ist nach wie vor nicht jedes Tattoo Kunst und nicht jeder Tätowierer Künstler“ (BSG, Urt. v. 27.06.2024, B 3 KS 1/23 R).


Worum ging es in dem vor Gericht zu entscheidenden Fall?

Die Klägerin ist Tätowiererin und diplomierte Designerin. In Künstlerkreisen ist sie als Illustratorin und Zeichnerin anerkannt. Die von ihr gestochenen Tattoos werden erst abschließend individuell beim Stechen des Tattoos entworfen. Jedes Tattoo ist damit ein Unikat, welches nicht seriell verwendet wird. Weder von der Klägerin noch von Dritten. Die Klägerin ist danach nicht Tätowiererin, sondern Künstlerin, die auch tätowiert.



Kontaktieren Sie mich, Rechtsanwalt Markus Karpinski, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht von der Kanzlei für Pflegerecht in Lüdinghausen unter 0 25 91 – 20 88 58 und Dortmund unter  02 31 - 22 25 568 .