Das Landgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 23. April 2024 (Az. 406 HKO 76/23) entschieden, dass der Begriff „Eierlikör“ und ähnliche Formulierungen wie „Eierlikör-Alternative“ oder „vegane Alternative zu Eierlikör“ für vegane Getränke nicht verwendet werden dürfen, wenn die Anforderungen der Spirituosen-Grundverordnung (EU) 2019/787 nicht erfüllt sind. Die Entscheidung stärkt den absoluten Bezeichnungsschutz für Spirituosen und schützt Verbraucher vor irreführender Werbung.
Hintergrund: Streit um den Begriff „Eierlikör“
Der Kläger, der Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V., klagte gegen ein Unternehmen, das ein veganes Getränk mit dem Namen „VEGGLY“ vertreibt und dieses in der Werbung als „vegane Alternative zu Eierlikör“ bezeichnete. Der Kläger argumentierte, dass solche Bezeichnungen gegen den absoluten Bezeichnungsschutz gemäß Art. 10 Abs. 7 der Verordnung (EU) 2019/787 verstoßen, da das Getränk nicht den Anforderungen der Spirituosen-Kategorie „Eierlikör“ entspricht.
Die Beklagte hielt dagegen, dass die streitige Werbung gerade auf den Umstand hinweise, dass es sich nicht um einen Eierlikör handele, um Missverständnissen vorzubeugen. Die Bezeichnung „Eierlikör-Alternative“ sei eine Klarstellung, keine Irreführung.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Hamburg folgte der Argumentation des Klägers und untersagte der Beklagten die Verwendung des Begriffs „Eierlikör“ in sämtlichen Varianten für ihr veganes Getränk. Die wesentlichen Punkte der Urteilsbegründung:
1. Verstoß gegen den absoluten Bezeichnungsschutz
Nach Art. 10 Abs. 7 der Spirituosen-Grundverordnung dürfen geschützte Begriffe wie „Eierlikör“ nicht für Produkte verwendet werden, die nicht den festgelegten Anforderungen entsprechen. Diese Vorschrift schließt auch indirekte Anspielungen und Verwendungen in Kombination mit Begriffen wie „Alternative“ oder „vegan“ ein, wenn sie einen gedanklichen Bezug zur geschützten Kategorie herstellen.
2. Verbrauchertäuschung durch indirekte Bezugnahme
Das Gericht stellte fest, dass die Bezeichnungen „vegane Alternative zu Eierlikör“ oder „Eierlikör-Alternative“ die Verbraucher dazu verleiten können, das vegane Produkt in Verbindung mit der Spirituosen-Kategorie „Eierlikör“ zu setzen. Dies sei unlauter im Sinne von § 3a UWG, da es gegen Marktverhaltensregeln verstößt.
3. Abgrenzung ohne Anspielung
Die Beklagte hätte klarstellen können, dass ihr Produkt vegan ist, ohne den Begriff „Eierlikör“ oder ähnliche Formulierungen zu verwenden. Die Werbung hätte beispielsweise ausschließlich die Produktmerkmale ohne Bezug zu geschützten Begriffen betonen können.
Konsequenzen für die Spirituosen- und Lebensmittelindustrie
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des absoluten Bezeichnungsschutzes und zeigt Grenzen bei der Vermarktung veganer Alternativen auf. Hersteller, die ihre Produkte als Alternative zu geschützten Spirituosen bewerben, müssen darauf achten, keine direkten oder indirekten Anspielungen auf geschützte Begriffe zu machen.
Fazit: Präzedenzfall für die Vermarktung veganer Produkte
Das LG Hamburg hat mit seinem Urteil einen wichtigen Präzedenzfall geschaffen. Unternehmen dürfen geschützte Begriffe wie „Eierlikör“ nicht nutzen, auch nicht in Form von Alternativbezeichnungen. Dies dient sowohl dem Schutz der Verbraucher als auch der Einhaltung der Marktregeln. Hersteller von veganen Alternativen sollten bei der Bewerbung ihrer Produkte auf eine neutrale und sachliche Darstellung setzen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.