Der BGH stellte in einer relativ aktuellen Entscheidung vom 16.08.2022 (Az.:  VI ZR 342/21) klar, dass zwar bereits von einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten durch den Arzt auszugehen ist, wenn diese "im Großen und Ganzen" dem Patienten eine allgemeine Vorstellung von den mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt. Wenn der Arzt jedoch die Risikohöhe unzutreffend darstellt und hierdurch die beim Patienten bestehende Gefahr der Verwirklichung eines operativen Risikos verharmlost, sodann ist die Aufklärung des Patienten nicht als ausreichend anzusehen. 

In dem zugrunde liegenden Fall musste sich die Klägerin einer Keilbeinflügel-Meningeoms, also der Entfernung eines Tumors an einem der Schädelknochen, unterziehen. Aufgrund dieser Operation kam es bei der Klägerin zu einer linksseitigen Hemiparese (Lähmung der linken Körperhälfte). 

Der BGH stellte insofern fest, dass die im Aufklärungsbogen vorhandenen möglichen Operationsfolgen u.a. "lebensbedrohliche Komplikationen" oder auch "Lähmungserscheinungen" vorliegend vor allem nach dem Vortrag der Klägerin nicht ausreichend waren, da ihr nicht verdeutlicht worden war, dass bei ihr sogar ein bis zu 50%iges Risiko schwerer bleibender Schäden vorlag. Es sei  nicht ausreichend, nur von Ausnahmen zu sprechen, bei welchen es zu derart schweren Risiken kam.

Diese Entscheidung des BGH verdeutlicht noch einmal, dass die Tatsache, dass Sie von Ihrem Arzt "aufgeklärt" wurden, nicht bedeuten muss, dass Sie auch über das bei Ihnen ggf. eingetretene Risiko ausreichend aufgeklärt wurden und daher eine Prüfung und Durchsetzung Ihrer eventuell bestehenden Ansprüche aus einem vermuteten Behandlungsfehler nicht sinnvoll ist. Diese Entscheidung zeigt vielmehr, dass jede ärztliche Aufklärung immer ganz genau im jeweiligen Einzelfall geprüft werden muss. 

Generell gilt, dass der Erhalt eines vielen Patienten bekannten Aufklärungsbogens (Biomed) durch den behandelnden Arzt noch lange keine rechtlich ausreichende Aufklärung zu Ihrer Behandlung darstellt. Vielmehr muss die Aufklärung zum einen durch ein persönliches Arztgespräch erfolgen und der Arzt muss hierbei mit Ihnen alle notwendigen Punkte dieses Aufklärungsbogens durchgehen, Ihre Fragen beantworten und die bei Ihnen konkret bestehenden Risiken ohne Verharmlosung erklären. Weder die reine Übergabe des Bogens für Ihr Selbststudium, noch der schriftliche Vermerk von möglichen Risiken ohne Erklärung Ihnen gegenüber ist ausreichend. Ebenso müssen Sie Gelegenheit haben, alle Ihre Fragen stellen zu können.  

Meine Praxistipps in diesem Zusammenhang: Lassens Sie sich zum einen niemals zu einer Unterzeichnung des Aufklärungsbogens drängen, sondern fordern Sie hierfür genügend Zeit ein und  unterzeichnen Sie erst, wenn alle Ihre Fragen und Bedenken ausreichend geklärt wurden. Machen Sie im Bedarfsfall einen weiteren Termin mit dem Arzt aus, wenn in dem angesetzten Termin nicht genügend Zeit ist. Zum anderen rate ich dazu, immer einen Bekannten oder Verwandten mit in das Gespräch zu nehmen, welcher den konkreten Ablauf und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs mit dem Arzt bezeugen kann. Denn dies ist eine gute Möglichkeit gegen die ärztliche  Dokumentation zu Ihrem Gespräch angehen zu können.

Im Ergebnis ist somit nicht jede ärztliche Aufklärung als ausreichend anzusehen und muss immer im jeweiligen konkreten Einzelfall geprüft werden. Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung im Bereich der Arzthaftung mit einer Vielzahl von Aufklärungen helfe ich Ihnen gerne dabei. Sie können sich jederzeit mit Ihrem Anliegen im Rahmen einer kostenfreien Erstberatung an mich wenden.