Von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Rösch und Rechtsanwalt Felix Tittel 

Die anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen haben zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen im Immobiliensektor geführt. Sowohl Mieter als auch Vermieter sehen sich immer häufiger mit der Insolvenz ihrer Vertragspartei konfrontiert. Doch welche Rechte und Pflichten gelten in solchen Fällen? Dieser Artikel gibt einen Überblick.


  1. Wenn der Vermieter insolvent wird: Welche Rechte haben Mieter?

  2. Mietverhältnis bleibt grundsätzlich bestehen

Wenn ein Vermieter insolvent wird, bleibt das Mietverhältnis in der Regel bestehen. Mieter dürfen die Räumlichkeiten weiterhin nutzen und sind verpflichtet, die vereinbarte Miete zu zahlen (§ 108 Abs. 1 InsO). Der Insolvenzverwalter hat kein Sonderkündigungsrecht, sodass der Mietvertrag geschützt bleibt.

Eine Ausnahme besteht, wenn die Immobilie durch den Insolvenzverwalter verkauft wird. In diesem Fall kann der neue Eigentümer den Mietvertrag unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Für Gewerbemietverhältnisse ist dies spätestens zum Ende des nächsten Kalendervierteljahres möglich (§ 111 InsO). Bei Wohnraummietverhältnissen gelten strengere Regeln, die eine Kündigung nur mit einem berechtigten Grund erlauben (§§ 573, 573a BGB).


  1. Mängelrechte bleiben erhalten

Mieterrechte bei Mängeln bleiben auch im Insolvenzfall bestehen. Das heißt, Mieter können die Miete mindern (§§ 536 ff. BGB) oder den Vermieter zur Mängelbeseitigung auffordern. Doch Vorsicht: Übernimmt der Mieter die Mängelbeseitigung eigenständig und vor der Insolvenzeröffnung, kann er die Kosten oft nur quotal als Insolvenzforderung geltend machen. Erfolgt die Beseitigung hingegen nach der Eröffnung des Verfahrens, gelten diese Kosten als Masseverbindlichkeit und müssen vorrangig erstattet werden.


  1. Wenn der Mieter insolvent wird

  2. Kündigungs- und Räumungsansprüche

Die Insolvenz eines Mieters ist für Vermieter oft finanziell spürbar. Häufig gehen der Insolvenzantragstellung bereits Mietrückstände voraus. Dennoch darf der Vermieter offene Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenzantragstellung nicht als Grund für eine fristlose Kündigung nutzen (§ 112 InsO). Ziel dieser Regelung ist es, die wirtschaftliche Einheit des Schuldners zu bewahren, um eine mögliche Betriebsfortführung zu ermöglichen.

Mietforderungen, die vor der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, können Vermieter nur quotal aus der Insolvenzmasse erhalten, soweit sie nicht besichert sind.

Neu entstehende Forderungen – etwa Mieten nach Verfahrenseröffnung – sind hingegen Masseverbindlichkeiten, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird. In diesem Fall sind sie bevorzugt als sog. Masseverbindlichkeiten beglichen (§ 55 Abs. 1 InsO).

Dem Insolvenzverwalter steht ein Sonderkündigungsrecht zu, mit dem er Mietverhältnisse mit einer Frist von drei Monaten beenden kann (§ 109 Abs. 1 InsO). Für Vermieter bedeutet dies oft, dass entgangene Mietzahlungen oder Schäden durch die frühzeitige Vertragsbeendigung nur als einfache Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses darf der Vermieter die Rückgabe der Räumlichkeiten verlangen. Problematisch sind dabei Ansprüche auf Räumung und Rückbau. Die Rechtsprechung räumt diesen zumeist nur den Rang von einfachen Insolvenzforderungen zu.

Verbleibende, wertlose Gegenstände des Mieters können jedoch nicht ohne Weiteres entsorgt werden.


  1. Verwertung von Sicherheiten

Große Aufmerksamkeit ist der Verwertung von Sicherheiten, die für den Gläubiger eine Recht auf sog. abgesonderte Befriedigung begründen, zu widmen. So steht z.B. das gesetzliche Vermieterpfandrecht regelmäßig in Konkurrenz zu Sicherungsrechten von Lieferanten und Finanzierern zu beachten. Weiter ist aufgrund der unterschiedlichen Ränge der Forderungen des Vermieters und der Sondervorschrift des § 50 Abs. 2 InsO auf die Verrechnung der Erlöse auf die am schlechtesten gesicherten Forderungen zu achten.


  1. Fazit

Die Insolvenz einer Vertragspartei stellt Mieter und Vermieter vor komplexe rechtliche und finanzielle Herausforderungen. Für Mieter bietet die Insolvenz des Vermieters in der Regel Schutz, solange die vereinbarte Miete gezahlt wird. Vermieter hingegen müssen im Fall der Mieterinsolvenz sorgfältig prüfen, wie sie ihre Forderungen realisieren können – sei es durch Kautionen, Pfandrechte oder die Inanspruchnahme von Masseverbindlichkeiten.

Ein rechtzeitiges Verständnis der gesetzlichen Regelungen und eine kluge Vertragsgestaltung können dazu beitragen, die Folgen einer Insolvenz zu bewältigen und finanzielle Verluste zu minimieren.


  1. Handlungsempfehlungen

Für Mieter: 

Zahlungen klären: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sollten Sie schriftlich anfragen, wohin die Mietzahlungen zu leisten sind

Kündigungsmöglichkeit des Vermieters beachten: Gewerbemietverhältnisse bei einer Veräußerung der Immobilie gekündigt werden können

Für Vermieter:

Prüfen Sie Kündigungsmöglichkeiten: Klären Sie, ob Sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sind.

Prüfen Sie, ob Sie Sicherheiten verwerten können


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