Am 25.05.2024 wurden die neuen „Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien“ veröffentlicht.
Der sogenannte Verhaltenskodex regelt, nach welchen Speicherfristen Daten (z. B. Zahlungsstörungen, Abwicklungskonten, Eintragungen aus öffentlichen Verzeichnissen) aus dem Datenbestand Betroffener bei Wirtschaftsauskunfteien (z. B. der SCHUFA Holding AG, Creditreform Boniversum GmbH) gelöscht werden müssen.
Was galt bislang?
Bislang galt eine Speicherfrist für ausgeglichene Forderungen von drei Jahren (ab Forderungsausgleich). Die Speicherfrist für nicht ausgeglichene Forderungen beträgt drei Jahre ab der letzten Veränderungsmitteilung durch die einmeldende Stelle, wobei der Verhaltenskodex von „fälligen, offenen und unbestrittenen Forderungen“ spricht, sodass unklar bleibt, welche Fristen z. B. für bestrittene Forderungen gelten.
Welche Änderungen sehen die neuen Verhaltensregeln vor?
In der Tat sehen die neuen Verhaltensregeln (Punkt IV. Nr. 1 b) eine neue Kulanzregelung vor. Ausgeglichene Forderungen werden bereits nach 18 Monaten gelöscht, wenn keine weiteren Negativdaten gemeldet worden sind, keine Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis oder aus Insolvenzbekanntmachungen vorliegen und die jeweilige Forderung innerhalb von 100 Tagen nach Einmeldung ausgeglichen wurde.
Häufig werden wir mit Fragen konfrontiert, ob auch innerhalb von sechs Wochen ausgeglichene Forderungen vorzeitig gelöscht werden oder ob es hinsichtlich der Forderungshöhe Bagatellgrenzen gibt. Solche Kulanzregelungen sind mit Einführung der DSGVO im Jahr 2018 und Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes jedoch entfallen.
Was passiert mit anderen Negativdaten?
Daten aus öffentlichen Verzeichnissen, wie z. B. Insolvenzdaten, keine Abgabe der Vermögensauskunft, werden so lange gespeichert, wie diese Daten in den öffentlichen Verzeichnissen veröffentlicht sind. Die Löschung der Erteilung der Restschuldbefreiung (auf unsere Rechtstipps vom 07.12.2023 und vom 21.03.2023 sei an dieser Stelle hingewiesen) erfolgt daher nach Ablauf von sechs Monaten. Andere Daten aus den öffentlichen Verzeichnissen werden nach Ablauf von drei Jahren aus dem SCHUFA-Datenbestand gelöscht, oder vorzeitig, wenn die Forderung beglichen und aus dem Schuldnerregister gelöscht wurde.
Auch Betrugsverdachtsinformationen (Betrugs- oder Geldwäscheverdachtsfälle), die sog. FraudPools, werden drei Jahre gespeichert, wobei die Frist beginnt, an dem ein verdächtiger oder ungewöhnlicher Vorfall auftritt. Unklar bleibt jedoch, wie Banken oder Auskunfteien in der Praxis solche Fälle inhaltlich prüfen und bewerten können. Reine Verdachtsfälle werden wohl – im Gegensatz zu konkreten Betrugsfällen – vor Ablauf von drei Jahren gelöscht werden können.
Was müssen Betroffene noch wissen?
Der Verhaltenskodex (oder „code of conduct“) ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaftsauskunfteien. Die Prüf- und Speicherfristen regeln daher nicht, ob Daten überhaupt gespeichert bzw. übermittelt werden dürfen. Dies richtet sich nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie den Meldevoraussetzungen des Bundesdatenschutzgesetzes.
Aus der Praxis wissen wir, dass häufig diese (gesetzlichen) Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht eingehalten wurden, sodass Betroffenen auch ein Anspruch auf vorzeitige Löschung oder Widerruf zustehen kann. Dies vor allem dann, wenn die Datenübermittlung rechtswidrig erfolgte oder die Speicherung rechtswidrig geworden ist.
Das ist im Einzelfall schwer zu beurteilen und die Einschätzung bedarf neben juristischer Expertise auch umfassender Erfahrung, die unsere Rechtsanwaltskanzlei im Laufe der Jahre sammeln konnte.
Fazit:
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die neue Kulanzregelung Betroffenen helfen kann, rascher wieder am Wirtschaftsleben teilnehmen zu können, wenn sie Forderungen zügig, d. h. innerhalb von längstens 100 Tagen, vollständig ausgleichen. Soweit die anderen Voraussetzungen vorliegen, bleiben solche Negativeintragungen „nur“ noch 1,5 statt 3 Jahre gespeichert, was gleichwohl nicht bedeutet, dass die Erstmeldung zu Recht erfolgt ist, sodass auch ein Anspruch auf vorzeitige Löschung/Widerruf bestehen kann.
Die neuen Verhaltensregeln wurden durch den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit am 24.05.2024 genehmigt. Die neue Kulanzregelung gilt demzufolge ab dem 01.01.2025. In der Genehmigung heißt es jedoch auch: „…Die Verhaltensregeln ersetzen die gesetzlichen Regelungen nicht, sondern konkretisieren diese für den Teilbereich der Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien.“
Negativeintragungen können zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Teilnahme am Wirtschaftsleben haben und die persönliche Bonität gravierend belasten, weshalb wir Betroffenen eine kostenfreie Ersteinschätzung anbieten, wenn sie von Negativeintragungen belastet sind.