Verletzungen verheilen, Narben verblassen, doch das Trauma bleibt. Einfach mal raus, eine Woche Urlaub machen und den Alltagsstress hinter sich lassen, aber eine Auszeit vom Trauma gibt es nicht – es ist immer da.
Deshalb sollen Opfer von Gewalttaten und anderen traumatischen Ereignissen finanzielle Entschädigung und Unterstützung durch den Staat erhalten. Verankert im Sozialstaatprinzip, ist der Gedanken hinter dem Opferentschädigungsgesetz, dass der Staat das Versagen seines Schutzauftrags zu kompensieren versucht, indem er die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Tat abmildert.
Wer?
Einen Anspruch auf Leistungen aus dem OEG haben Betroffene (oder dessen Hinterbliebene) einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Gewalttat mit Wohnsitz in Deutschland. Aus der Gewalttat muss eine gesundheitliche Schädigung hervorgehen – Unmittelbarkeit ist allerdings nicht notwendig, so haben zum Beispiel auch Beobachter einer Gewalttat einen Anspruch auf Entschädigung, soweit ein Schockzustand hervorgerufen wurde.
Was?
- Kosten für Heil- und Krankenbehandlung
- Kosten für Pflegeleistungen
- Kosten für Hilfsmittel
- Bestattungs- und Sterbegeld
- Entschädigungszahlungen für Geschädigte und Hinterbliebene
- Fürsorgeleistungen bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit
- Kein Schmerzensgeld
Die Höhe der Leistungen bemisst sich nach dem Grad der Schädigungsfolge (GdS) und erfolgt normalerweise als monatliche Rentenzahlung. Ab einem Alter von 65 Jahren erhöht sich die Grundrente um 32-48€. Ferner gibt es ab einem GdS von 100 Schwerstbeschädigtenzulagen.
GdS | Höhe der monatlichen Rente |
30 | 156 Euro |
40 | 212 Euro |
50 | 283 Euro |
60 | 360 Euro |
70 | 499 Euro |
80 | 603 Euro |
90 | 724 Euro |
100 | 811 Euro |
Wie?
Ein Antrag kann gem. § 1 I 1 OEG formlos gestellt werden. Opfer können sich auch an die Landesversorgungsbehörde wenden oder vorgefertigte Antragsformulare wie z.B.
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rundschreiben-SE/antrag-baf-oeg.pdf?__blob=publicationFile&v=4
nutzen. Eine Frist zur Geltendmachung der Ansprüche gibt es nicht, weshalb eine Antragsstellung auch noch möglich ist, wenn das schädigende Ereignis schon in der Vergangenheit liegt.
Kritik
Obwohl der Ansatz des OEG ausschließlich zur Unterstützung traumatisierter Opfer dient, muss trotzdem auch in Betracht gezogen werden, dass die Antragsstellung ein sehr bürokratischer Prozess ist, welcher sich oftmals in die Länge ziehen kann und damit verbunden ist, dass die Opfer ihre Geschichte erzählen müssen, Erinnerungen hervorgerufen werden, verarbeitete Prozess wieder aufgerissen werden. So kann es durchaus vorkommen, dass das Verfahren ebenfalls zu einem traumatischen Ereignis führt und mithin das Ziel verfehlt wird. Umso wichtiger ist es, dass die Opfer durch professionelle Interessenvertreter Begleitung und Unterstützung erfahren.
SGB XIV
Auf diese Schwächen wurde aber bereits reagiert. Für eine schnellere, transparenter und umfassendere Inanspruchnahme der sozialen Entschädigung, tritt am 01.01.2024 das Soziale Entschädigungsrecht in einem eigenen Sozialgesetzbuch (SGB XIV) in Kraft. Darin werden die Ansprüche aus dem OEG, gemeinsam mit Ansprüchen aus dem BVG (nachträgliche Kriegsauswirkungen der beiden Weltkriege), dem ZDG (Ereignisse im Zusammenhang mit Ableistung des Zivildienstes) und Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz in einem Gesetz zusammengefasst. Werden bereits Leistungen nach dem OEG bezogen, gilt der Grad der Schädigungsfolge ohne erneuten Antrag weiter. Unbefristete Geldleistungen, sollen addiert und um 25% erhöht werden. Außerdem haben Opfer die Möglichkeit in dem Verfahren psychologisch betreut zu werden um den Prozess so wenig belastend wie möglich zu gestalten und am Ende tatsächlich einen umfassenden Opferschutz gewähren zu können.