Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 7 U 140/20) hat in einem bemerkenswerten Urteil entschieden, dass private Krankenversicherungen (PKV) unter bestimmten Voraussetzungen auch die Kosten für alternative Therapieformen übernehmen müssen, wenn bei lebensbedrohlichen, unheilbaren Erkrankungen eine wissenschaftlich fundierte Aussicht auf zumindest teilweisen Erfolg besteht. Dabei gilt insbesondere, dass sich Versicherte nicht zwingend auf eine herkömmliche Zweitlinientherapie verweisen lassen müssen, wenn diese kaum Erfolg verspricht und sich ein neuartiger Behandlungsansatz anbietet.

Der Ausgangsfall betraf einen schwer an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankten Patienten, bei dem die klassische Chemotherapie (Erstlinientherapie) nicht den erhofften Behandlungserfolg zeigte. Angesichts der ohnehin inoperablen und lebenszerstörenden Diagnose war es nach Ansicht des Gerichts nicht zumutbar, weitere schulmedizinische Methoden mit sehr geringen Erfolgsaussichten durchzuführen. Stattdessen durfte der Patient auf eine sogenannte dendritische Zelltherapie zurückgreifen, die laut Sachverständigengutachten einen wissenschaftlich nachvollziehbaren Wirkansatz aufwies und die Chance bot, das Immunsystem gezielt zur Tumorbekämpfung zu aktivieren.

Rechtlich stellte das Gericht klar, dass eine Therapie in solchen Fällen als „zur Verfügung stehend“ nur dann angesehen wird, wenn sie tatsächlich eine realistische, erreichbare Perspektive auf Linderung oder Stabilisierung der Erkrankung eröffnet. Ist dies nicht gegeben, darf die PKV nicht einfach jede alternative Methode ablehnen. Vielmehr genügt ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das nicht lediglich auf Vermutungen und Hoffnungen beruht, sondern bereits in Ansätzen belegt, wie es die Tumorzellen angreifen oder das Immunsystem stärken kann. Hierbei ist keine vollständige Studienlage erforderlich; ein „nicht ganz entfernter“ Behandlungserfolg genügt bereits.

Für Versicherte bedeutet dies, dass sie bei lebensbedrohlichen Erkrankungen durchaus Chancen haben, von ihrer PKV auch ungewöhnlichere oder neu entwickelte Therapieformen bezahlt zu bekommen – vorausgesetzt, sie können eine rationale medizinische Grundlage und erfolgversprechende Aspekte darlegen. Wer sich mit einer ablehnenden Entscheidung durch seine Versicherung konfrontiert sieht, sollte daher überprüfen lassen, ob die betreffende Zweitlinientherapie überhaupt realistische Erfolgsaussichten besitzt. Ist dies nachweislich nicht der Fall, kann eine Rechtsberatung helfen, den Kostenerstattungsanspruch gegen die PKV doch noch erfolgreich durchzusetzen. Sprechen Sie uns an!