LAG Nürberg, Urteil vom 24.4.2024 – 2 Sa 293/23
Werden arbeitnehmenden Personen (meist im Rahmen variabler Vergütungsregelungen) bestimmte Ziele vorgegeben, so beziehen sich diese regelmäßig auf einen bestimmten Bemessungszeitraum, innerhalb dessen diese Ziele erreicht werden sollen. Was aber passiert, wenn Ziele erst deutlich verspätet benannt werden? Hiermit hatte sich jüngst das Thüringer Landesarbeitsgericht zu befassen.
Bei Zielvereinbarungen ist es so, dass ein Abschluss jedenfalls nach Ablauf der Zeit, für die Ziele zu vereinbaren gewesen wären, nicht mehr sinnvoll möglich ist. Schließlich kann die Zielvereinbarung dann ihre Anreizfunktion zur Leistungssteigerung und Motivation nicht mehr erfüllen. Jedenfalls mit Ablauf der Zielperiode sind deshalb Schadensersatzansprüche der arbeitnehmenden Person wegen schuldhafter Nichtvorgabe von Zielen durch den Arbeitgeber denkbar. Im Falle unterbliebener (einseitiger) Zielvorgaben gilt nach nahezu einhelliger Auffassung verschiedener Landesarbeitsgerichte Entsprechendes. Im vom thüringischen Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall war die Zielvorgabe erst nach 9 von 12 Monaten des Bemessungszeitraums erfolgt. Können auch dann schon Schadensersatzansprüche gerechtfertigt sein? Ja, urteilten die Thüringer Richter: Eine Zielvorgabe, die so spät erfolge, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann, sei so zu behandeln, als sei sie überhaupt nicht erfolgt. Ein derart später Zeitpunkt sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Geschäftsjahr – wie hier – bereits zu mehr als drei Vierteln abgelaufen sei. Dann nämlich bleibe kein hinreichender Zeitraum mehr, um die vorgegebenen Jahresziele effektiv zu verfolgen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die Revision ist beim BAG anhängig.
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Thomas Haas
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
MEILENSTEIN.Arbeitsrecht