Ein Beitrag von Rechtsanwältin & Steuerberaterin Elisa Roggendorff ([email protected])
1. Zugewinnausgleich – Grundlagen
Bei einer Scheidung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird das während der Ehe erzielte Vermögenswachstum der Ehepartner ausgeglichen. Dazu wird das Anfangsvermögen (bei Eheschließung) mit dem Endvermögen (bei Zustellung des Scheidungsantrags) verglichen. Der Partner mit dem höheren Zugewinn muss dem anderen die Hälfte der Differenz zahlen. Entgegen dem weitverbreiteten Irrglauben erwerben Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft somit durchaus eigenes Eigentum, welches nicht dem Partner gehört und bei dem Anfangsvermögen, bei den Gütern also, die bei Eheschließung bereits vorhanden sind, wird nur der Wertzuwachs von der Ausgleichspflicht erfasst.
Beispiel
- Ehepartner A hatte zu Beginn **50.000 €**, am Ende **250.000 €** → Zugewinn: **200.000 €**
- Ehepartner B hatte zu Beginn **30.000 €**, am Ende **80.000 €** → Zugewinn: **50.000 €**
- Differenz: **200.000 € - 50.000 € = 150.000 €**
- Ehepartner A muss an B **75.000 € als Zugewinnausgleich** zahlen.
So der einfache Regelfall, denn der Gesetzgeber sieht grundsätzlich einen Ausgleichanspruch in der Geld vor. Was aber, wenn dem Zugewinnanspruch nicht korrespondierende liquide Mittel gegenüberstehen, sondern Gesellschaftsanteile oder Immobilien übertragen oder veräußert werden müssen, um den Ausgleichsanspruch erfüllen zu können. Hierbei sind verschiedene steuerliche Themenkomplexe zu beachten:
2. Steuerliche Behandlung des Zugewinnausgleichs
Der Zugewinnausgleich ist steuerfrei (§ 5 ErbStG), da es sich um einen familienrechtlichen Vorgang handelt. Allerdings gibt es Sonderfälle:
a) Einkommensteuer
- Da der Zugewinnausgleichsanspruch auf eine Geldzahlung gerichtet ist, fällt durch die Begleichung in Geld keine Einkommensteuer an.
- Übertragung von Immobilien, Firmenanteilen, Aktien oder anderen Vermögenswerten:
- Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zum Ausgleich des infolge der Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nunmehr zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs an den anderen Ehegatten ist eine Veräußerung im Sinne des § 17 EStG, wenn eine wesentliche Beteiligung besteht. Das Teileinkünfteverfahren findet insoweit Anwendung.
- Überträgt ein Ehegatte dem anderen Ehegatten zur Tilgung aus Anlass der Beendigung des Güterstand zustehenden Geldforderung an Erfüllung statt ( § 364 BGB) ein Grundstück , handelt es sich dabei um ein Veräußerungsgeschäft. Innerhalb der 10 Jahres Frist löst dies den sogenannten Spekulationsgewinn aus.
- Zur Sonderstellung des sogenannten Familienheims siehe meinen Beitrag unter https://www.anwalt.de/konto/rechtstipps/meine-rechtstipps/a520d0b3-082d-453f-9a32-3372e8ee0a5a
b) Grunderwerbsteuer
Wenn eine Immobilie als Zugewinnausgleich übertragen wird, fällt keine Grunderwerbsteuer an (§ 3 Nr. 5 GrEStG).
c) Schenkungsteuer
- Zugewinnausgleichszahlungen sind keine Schenkungen im steuerlichen Sinn.
- Falls ein Ehepartner freiwillig mehr als den rechnerischen Zugewinn zahlt, könnte das als Schenkung angesehen werden.
Die Beendigung einer Ehe ist im Regelfall menschlich schmerzhaft und juristisch anspruchsvoll, damit keine unerwünschte Steuereffekte eintreten, empfiehlt sich eine steuerliche Beratung vor der Vermögensübertragung. Sie haben Fragen? Rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir eine E-Mail.