Ist das Score-Wert- Verfahren der SCHUFA rechtswidrig und kann man dagegen rechtlich vorgehen?

Um die Antworten vorweg zu nehmen:

Meines Erachtens ist das (derzeitige) Score-Wert Verfahren der SCHUFA in der Tat rechtswidrig und bestehen – bei einer guten rechtlichen Argumentation und einem verständigen Richter- gute Chancen auf rechtliche Gegenwehr!

In Art.1 GG (=Grundgesetz) ist folgendes normiert: Die Würde des Menschen ist unantastbar!

Ich habe schon seit über 30 Jahren, seit Beginn meiner Anwaltstätigkeit,  die persönliche und juristische Meinung,  dass die Bescorung (die „Bewertung“ der Kreditwürdigkeit eines Menschen) per se äußerst bedenklich ist und gegen die Menschenwürde verstößt;  insbesondere jedoch dann, wenn die Grundlagen für die Bewertung nicht bekannt sind, nicht offengelegt und sogar geheim gehalten werden. Im Ergebnis ist der Mensch bei dieser Konstellation einem privaten, monopolistischen Unternehmen in seiner gesamten wirtschaftlichen Existenz komplett ausgeliefert.

Nun ist es sicher so, dass es auch gute Gründe dafür gibt, die kreditgebende Wirtschaft (dazu zählen auch Unternehmen, die sog. Warenkredite geben; Kauf auf Rechnung oder Energielieferungen, Telekommunikationsdienstleistungen etc..) vor unseriösen Menschen oder gar Betrüger (Eingehungsbetrug oder Identitätsdiebstahl etc.) zu schützen; die Frage ist aber, ob das derzeit von der SCHUFA praktizierte Score-Wert-Verfahren das geeignete Mittel dazu ist. Meines Erachtens nicht; das Kind wird gleichsam mit dem Bade ausgeschüttet…..

Unser höchstes Zivilgericht, der BGH, hat im Jahr 2014 (wohl zähneknirschend) entschieden, dass das Geheimhaltungsinteresse der SCHUFA dem Informationsinteresse des Menschen überwiegt.   Aber zum Glück ändern sich die Zeiten und auch die Gesetze. Seit 2018 besteht bekanntlich die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) und wurde auch das BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) aktualisiert.

Gemäß Artikel 15 Abs.1 g) DSGVO (mit ausdrücklichem Hinweis auf das Profiling gemäß Artikel 22 DSGVO) hat ein Mensch -hier das Gesetz in wörtlicher Wiedergabe- „Anspruch auf aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person“.

Kommt die SCHUFA dem nach? Nein; und deswegen sind derzeit von der Kanzlei de Backer vier Verfahren vor verschiedenen Landgerichten anhängig. Wir werden über den Ausgang (Urteile werden für Sommer 2024 erwartet) weiter berichten. Wenn Sie auch von einem schlechten, nicht nachvollziehbaren SCHUFA Score-Wert betroffen sind, können Sie sich gerne an uns wenden, wir klären dann auch rasch und kompetent die Kostenübernahme durch Ihre Rechtsschutzversicherung.

Die SCHUFA ist ein privates Unternehmen und auch an Recht und Gesetz gebunden. Vertragspartner der Schufa sind fast alle Banken, Telekommunikationsunternehmen und viele Versorgungsunternehmen und Versicherungen. Dies bedeutet, dass ein Mensch mit einem schlechten Score Wert faktisch vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen ist; er bekommt keinen Bankkredit und ein etwa bestehender Dispositionskredit oder Kreditkarten werden schnell gekündigt, wenn der Score Wert schlecht ist.  Eine Handy-Vertrag wird verwehrt und wenn der Mensch zu einem günstigeren Energieversorger wechseln möchte ist auch dies oftmals nicht möglich. Viele Versicherungen nehmen auch Einblick in die SCHUFA, bevor ein Vertragsschluss überhaupt stattfinden kann. Auch viele Wohnungsvermieter bestehen auf eine SCHUFA-Auskunft.


Was ist eigentlich der“ SCHUFA Score-Wert?“ und wann ist dieser „schlecht“?

Die SCHUFA verwendet verschiedene Score-Wert Verfahren:

Es gibt einen sog. „SCHUFA -Orientierungswert“ (von 100 bis 600),

einen „SCHUFA -Branchenscore“ (mit Buchstabenwerten von A bis P; wobei N,O und P absolut schlecht sind) und

einen „individuellen Score Wert“ von (0 bis 100 %); dazu weiter unten wie die Prozentwerte einzuordnen sind.

Zu guter Letzt übermittelt die SCHUFA an ihren Vertragspartnern Erfüllungswahrscheinlichkeiten (= die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch zahlen wird) von 0 bis 100.

Bei den Erfüllungswahrscheinlichkeiten differenziert die SCHUFA sogar danach, ob der Vertragspartner des Menschen eine Bank oder eine Volksbank ist. Die SCHUFA berechnet zudem „mit wissenschaftlichen Methoden“ bis zur zweiten Stelle hinter dem Komma (!) ob ein Mensch eine Handy-Rechnung bezahlen wird oder nicht. Der SCHUFA soll es – nach eigener Aussage- sogar möglich sein, einen tagesaktuellen (?) Score zu berechnen!

Nach eigener Aussage hat die SCHUFA keine Informationen über das Einkommen oder das Vermögen eines Menschen. Jetzt frage ich mich: Wie kann man ohne diese Informationen wissenschaftlich und seriös Erfüllungswahrscheinlichkeiten berechnen? Reicht es dazu aus, zu wissen wo ein Mensch wohnt, welches Geschlecht und Alter er hat und ob er zwei oder drei Bankkredite oder Handy-Verträge laufen hat? Ist dies nicht vielmehr eine Diskriminierung wegen Herkunft/Alter/Geschlecht?

Wissen Sie, dass die SCHUFA „wissenschaftlich“ annimmt, dass wenn ein Mensch mehr als fünf Mal im Jahr im Internet auf „Kredit“ (=erst Ware, dann Geld) einkauft einen schlechteren Score hat? (Die Wahrscheinlichkeit einer Nichtzahlung steigt ja, statisch, je mehr „auf Kredit“ eingekauft wird).

Auch wenn man „zu oft“ umzieht ist der Score Wert schlechter; es sieht -so die Logik der SCHUFA- dann danach aus, dass man kein beständiges Leben führt oder sogar vielleicht vor Gläubigern auf der Flucht ist?

Dies alles entspringt nicht meiner Fantasie, sondern ist auf der Home Page der SCHUFA nachzulesen; lediglich die Interpretation stammt (zur Verdeutlichung) von mir.

Die „Erfüllungswahrscheinlichkeit“ auf dem letztendlich der "Individual-Score-Wert" beruht ist laut SCHUFA-Homepage so zu verstehen: