Warum die Kompatibilität von Unfallspuren entscheidend ist
Beim Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) ist die Frage, ob überhaupt ein wirtschaftlich messbarer oder kompatibler Schaden entstanden ist, von zentraler Bedeutung. Denn nicht jeder Kontakt zwischen zwei Fahrzeugen führt zwangsläufig zu einem strafrechtlich relevanten Schaden. Ein häufiges Verteidigungsargument ist die fehlende Kompatibilität von Unfallspuren: Wenn die Schäden am Fahrzeug des Geschädigten nicht mit denen am Fahrzeug des Beschuldigten übereinstimmen, spricht dies gegen eine Verursachung durch den Betroffenen. In solchen Fällen kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Beschuldigte für den Schaden verantwortlich ist – was eine zentrale Voraussetzung für eine strafrechtliche Verurteilung ist.
Vorschäden und nicht kompatible Schäden als Verteidigungsstrategie
Ein häufiger Fall in der Praxis: Ein Geschädigter behauptet, der Beschuldigte habe alle Schäden an seinem Fahrzeug verursacht. Eine genaue Analyse zeigt jedoch häufig, dass am Fahrzeug der Beschuldigten keine entsprechenden Beschädigungen vorliegen, die mit den Schäden des angeblichen Unfallopfers übereinstimmen. Dies ist ein klares Indiz für bereits vorhandene Vorschäden. Beispielsweise kann sich an der Stoßstange des Geschädigten eine tiefe Delle befinden, während am Fahrzeug der Beschuldigten keinerlei entsprechende Spuren von Lackabrieb, Eindellungen oder Kratzern feststellbar sind – oder auch die Fahrzeugkonturen gegen eine Verursachung sprechen. In einem solchen Fall ist es unwahrscheinlich, dass der Schaden durch den behaupteten Unfall verursacht wurde.
Der Nachweis von Vorschäden kann in einem Strafverfahren entscheidend sein. Denn wenn der Schaden am Fahrzeug des Geschädigten nicht durch den angeblichen Unfallverursacher entstanden ist, liegt keine strafbare Handlung vor. Eine Fahrerflucht setzt voraus, dass der Beschuldigte einen wirtschaftlich relevanten Schaden verursacht hat – ist dies nicht der Fall, entfällt die Strafbarkeit.
Verteidigung durch Begutachtung und Aufzeigen von Zweifeln
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nur dann strafbar ist, wenn tatsächlich ein wirtschaftlich messbarer Schaden entstanden ist. Besteht lediglich ein oberflächlicher Kontakt zwischen den Fahrzeugen, ohne dass eine Reparatur notwendig wird, fehlt es an einem tatbestandlichen Schaden. Auch wenn nur alte Schäden fälschlicherweise dem Unfallgeschehen zugerechnet werden, entfällt die Strafbarkeit.
Als Verteidiger können wir gezielt auf eine technische Untersuchung oder ein Gutachten hinwirken, um die Kompatibilität der Schäden überprüfen zu lassen. Gleichzeitig können wir Zweifel an der Unfallursächlichkeit wecken, indem wir Unstimmigkeiten in den Schadensbildern aufzeigen. In vielen Fällen lässt sich so nachweisen, dass unser Mandant keinen relevanten Schaden verursacht hat. Damit lassen sich unbegründete Vorwürfe der Fahrerflucht effektiv entkräften und eine drohende Verurteilung vermeiden.