Einleitung / Problemstellung
Der THC-Grenzwert im StVG ist da. Das haben fast alle mitbekommen. Eine kleine aber bedeutende Änderung rund um den Grenzwert ist ebenfalls hinzugekommen, wird aber häufig übersehen.
Der Deutsche Bundestag hat mit Wirkung zum 22.08.2024 die Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) geändert und Ziffer 9.2.1 nunmehr wie folgt gefasst:
"Missbrauch
(Das Führen von Fahrzeugen und ein Cannabiskonsum mit nicht fernliegender verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung beim Führen eines Fahrzeugs können nicht hinreichend sicher getrennt werden.)"
Damit ist der THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) auch ins Fahrerlaubnisrecht eingezogen. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Gesetzesbegründung.
Diese neuen Regelungen greifen daher nicht nur für die im StVG festgelegten Bußgeldtatbestände, sondern im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch in der FeV.
Relevante Hintergrundinformationen
Bislang existierte im deutschen Straßenverkehrsrecht kein gesetzlich festgelegter THC-Grenzwert. Stattdessen wurde ein analytischer Nachweisgrenzwert von 1 ng/ml THC im Blutserum verwendet, der durch die Rechtsprechung etabliert wurde. Die Gesetzesänderungen wurden aufgrund der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Empfehlungen einer interdisziplinären Expertenarbeitsgruppe initiiert, die einen THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml Blutserum für sinnvoll erachtete. Dieser neue Grenzwert soll sicherstellen, dass eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung durch THC zuverlässig erkannt wird, ohne die Handlungsfreiheit der Bürger unverhältnismäßig einzuschränken.
Einführung des THC-Grenzwerts
Der neue Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum wird mit umfassenden wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen begründet. Diese belegen, dass bei Erreichen dieses Wertes eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung gegeben ist, vergleichbar einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Dieser Wert stellt sicher, dass der Einfluss von THC auf die Fahrtüchtigkeit zuverlässig gemessen und sanktioniert werden kann.
Einheitlichkeit der Rechtsordnung
Ein zentrales Motiv für die Gesetzesänderung auch der FeV war der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Dieser Grundsatz fordert, dass Regelungen innerhalb eines Rechtsgebiets kohärent und widerspruchsfrei sind. Um diesem Prinzip gerecht zu werden, wird der neue THC-Grenzwert nicht nur im StVG, sondern auch in der FeV verankert. Dies dient der Schaffung konsistenter Standards, die sowohl die Rechtspraxis als auch die Rechtsanwendung durch Behörden und Gerichte erleichtern.
Auswirkungen auf das Strafrecht
Der Verfasser hat bereits erlebt, dass Strafgerichte die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe den Grenzwert nur im STVG eingeführt. Daher, so die Ansicht, komme dieser für das Strafrecht und den dortigen § 316 STGB nicht zur Anwendung. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden, insbesondere dann nicht, wenn man sich die Gesetzesbegründung und das Argument der Einheitlichkeit der Rechtsordnung vor Augen hält, sowie die Tatsache, dass Anlass der Gesetzesänderung wissenschaftliche Erkenntnisse waren, wonach bis zum Erreichen des Grenzwertes keine gesicherte Einflussnahme auf den Fahrzeugführer angenommen werden kann.
Es ist kein Grund ersichtlich, der insbesondere vor dem Hintergrund der grundrechtlichen Relevanz rechtfertigen würde, einen Fahrzeugführer zwar nicht bußgeldrechtlich, aber strafrechtlich zu belangen.
Folgen für die Praxis
Die neuen Regelungen schaffen klare und einheitliche Standards für die Sanktionierung von THC-bezogenen Verkehrsverstößen, jedenfalls im Anwendungsbereich des StVG und der FeV. Dies sorgt für eine verbesserte Rechtssicherheit sowohl für die Behörden als auch die Bürger.
Zudem wird die klare Abstimmung innerhalb der Rechtsvorschriften sicherstellen, dass keine Interpretationsspielräume für Missverständnisse oder unklare Rechtslagen bestehen. Die Integration des Grenzwerts in den StVG und die FeV unterstreicht die Bemühungen um kohärente und zugleich praktikable rechtliche Rahmenbedingungen, die aber ersichtlich noch nicht abschließend zum Ziel geführt haben.
Fazit
Die Einführung eines THC-Grenzwertes von 3,5 ng/ml im Blutserum stellt eine wichtige und zeitgemäße Anpassung der Verkehrsregeln dar. Der Gesetzgeber hat auf die Empfehlungen wissenschaftlicher Experten reagiert und diese neuen Standards sowohl im StVG als auch in der FeV verankert. Durch diese Maßnahmen wird nicht nur die Verkehrssicherheit gefördert, sondern auch die Rechtssicherheit und Kohärenz innerhalb der deutschen Rechtsordnung gestärkt. Fahrzeugführer müssen sich der Konsequenzen eines THC-Konsums und der damit einhergehenden Risiken nunmehr bewusster werden, was insgesamt zu einer verbesserten Sicherheit auf den Straßen führen soll.
Anmerkung
Liebe Leserinnen und Leser,
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich keine kostenlose Rechtsberatung anbieten kann.