In einem kürzlich ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Duisburg wurde einem Antragsteller einstweiliger Rechtsschutz gewährt, um eine medizinische Versorgung mit dem Medikament Cabozantinib für drei Monate zu erhalten. Der Antragsteller ist an einem fortgeschrittenen Gehirntumor, einem diffusen hemisphärischen Gliom, erkrankt und erhält medizinische Behandlung an der Neurologie des Universitätsklinikums Essen. Aufgrund der fortgeschrittenen und lebensbedrohlichen Erkrankung, sowie der fehlenden Standardtherapien, wurde die Kostenübernahme für die Nutzung des Medikaments beantragt.

Cabozantinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der in der EU zur Behandlung bestimmter Krebserkrankungen zugelassen ist. Insbesondere wird es zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom, nach einer vorherigen Therapie mit einem VEGF-gerichteten Mittel, eingesetzt. Darüber hinaus ist es auch für die Behandlung von nicht operablem oder metastasiertem medullärem Schilddrüsenkarzinom zugelassen. Außerdem kann es zur Therapie hepatocellulärer Karzinome, die vorher mit Sorafenib behandelt wurden, eingesetzt.

Bei der Behandlung von Hirntumoren, insbesondere bei diffusen hemisphärischen Gliomen oder Glioblastomrezidiven, ist der Einsatz von Cabozantinib nicht als Standardtherapie etabliert. Im vorliegenden Verfahren beantragte der Patient die Kostenübernahme für Cabozantinib als individuellen Heilversuch, da keine zugelassene Systemtherapie zur Verfügung stand. Die Evidenz für die Wirksamkeit von Cabozantinib bei Hirntumoren ist gering, jedoch gibt es verschiedene klinische Studien, die eine gewisse Wirksamkeit bei Glioblastomen untersucht haben. Der Medizinische Dienst kam jedoch zu dem Schluss, dass die Datenlage nicht ausreichend ist, um eine relevante Wirksamkeit bei malignen Gliomen zu bestätigen. Trotz dieser Unsicherheiten hat das Sozialgericht entschieden, Cabozantinib aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung und fehlender Alternativen vorläufig zur Verfügung zu stellen.


Fünf wesentliche Gründe für die Entscheidung des Gerichts sind:

  1. Lebensbedrohliche Erkrankung: Der Antragsteller hat eine schwerwiegende gesundheitliche Situation, was einen Anordnungsgrund rechtfertigt, da eine schnelle Entscheidung notwendig ist, um wesentliche Nachteile zu vermeiden.
  2. Fehlende Standardtherapie: Für die spezifische Erkrankung des Antragstellers stehen keine zugelassenen Standardtherapien zur Verfügung, was das Bedürfnis nach einer alternativen Behandlung unterstreicht.
  3. Möglicher Nutzen von Cabozantinib: Obwohl die Evidenz für Cabozantinib bei dieser spezifischen Art von Tumor nicht hoch ist, gibt es Hinweise auf eine zumindest spürbar positive Einwirkung, die eine vorläufige Versorgung rechtfertigen.
  4. Offener Ausgang im Hauptverfahren: Angesichts des unklaren Ausganges der Hauptsache und der Dringlichkeit wird im Sinne des Antragstellers entschieden, um das Risiko einer unheilbaren Schädigung zu minimieren.
  5. Verhältnis der Nachteile: Der potenzielle wirtschaftliche Nachteil für die Krankenversicherung wird aufgrund des hohen Wertes des Rechtsguts Leben als nachrangig eingestuft.


Diese Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit, bei schwerwiegenden Gesundheitszuständen den Zugang zu potenziell lebensrettenden Behandlungen zu sichern, selbst wenn diese nicht in den allgemein anerkannten medizinischen Standard fallen.