Wenn Sie eine Immobilie oder ein Grundstück kaufen möchten, kann es passieren, dass jemand ein Vorkaufsrecht hat. Das bedeutet, diese Person darf die Immobilie zu denselben Bedingungen kaufen, bevor Sie es tun können. In diesem Artikel erkläre ich Ihnen im Überblick, was Sie in solchen Fällen im Wesentlichen beachten sollten, vor allem in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen beim Ausüben des Vorkaufsrechts. Bitte beachten Sie aber, dass dieser Artikel keine individuelle Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen kann.

Was ist das Vorkaufsrecht?

Das Vorkaufsrecht gibt einer Person das Recht, eine Immobilie zu kaufen, bevor sie an jemand anderen verkauft wird. Dieses Recht ist in bestimmten Fällen gesetzlich verankert, zum Beispiel bei Mietern oder Erbbauberechtigten, die bereits Rechte an der Immobilie haben. Wenn der Verkäufer die Immobilie an jemand Dritten verkauft, muss der Vorkaufsberechtigte benachrichtigt werden und hat dann die Möglichkeit, den Kauf zu den gleichen Konditionen zu übernehmen.

Wie wird das Vorkaufsrecht ausgeübt?

Um das Vorkaufsrecht wirksam auszuüben, muss die betroffene Person eine sogenannte Ausübungserklärung abgeben. Diese muss dem Verkäufer oder den Miteigentümern rechtzeitig zugestellt werden. Aber wie weiß man, dass die Erklärung tatsächlich angekommen ist?

Zugang der Ausübungserklärung – Warum ist das wichtig?

Nach deutschem Recht wird eine Erklärung nur dann wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. Das bedeutet, dass die Erklärung so in den „Herrschaftsbereich“ des Empfängers gelangt, dass er die Möglichkeit hat, sie zur Kenntnis zu nehmen. Hier kommt es häufig zu Problemen: Wie beweist man, dass eine Erklärung angekommen ist?

Ein aktueller Fall (Az. V ZR 203/22 vom 11. Mai 2023) zeigt, wie kompliziert dieser Prozess sein kann. Der Kläger wollte sein Vorkaufsrecht ausüben, hatte jedoch Schwierigkeiten zu beweisen, dass seine Erklärung den Miteigentümern zuging. Er hatte die Ausübungserklärung per Einwurfeinschreiben versendet. Doch das Gericht entschied, dass das allein nicht ausreicht, um den Zugang zu beweisen.

Beweispflicht für den Zugang der Erklärung

Im Streitfall muss der Vorkaufsberechtigte nachweisen, dass die Ausübungserklärung tatsächlich bei den betroffenen Personen angekommen ist. Ein Einwurfeinschreiben belegt nur, dass die Erklärung verschickt wurde, aber nicht, dass sie auch zugestellt wurde. Um den Zugang sicher zu belegen, braucht man zusätzliche Nachweise, wie den Auslieferungsbeleg und die Dokumentation des Zustellprozesses.

Was können Sie tun, um den Zugang zu sichern?

Wenn Sie ein Vorkaufsrecht ausüben möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten, um sicherzustellen, dass Ihre Erklärung wirksam wird:

  • Einwurfeinschreiben mit Zustellnachweis: Bewahren Sie nicht nur den Einlieferungsschein auf, sondern auch den Zustellbericht der Post.
  • Zeugen: Wenn möglich, lassen Sie den Zustellvorgang von einem Zeugen überwachen.
  • Elektronische Zustellung: In einigen Fällen kann auch die Zustellung per Gerichtsvollzieher oder eine qualifizierte elektronische Zustellung eine sichere Methode sein.

Was passiert, wenn der Zugang nicht nachweisbar ist?

Wenn der Zugang der Erklärung nicht bewiesen werden kann, wird das Vorkaufsrecht als nicht ausgeübt betrachtet. Das bedeutet, der Verkauf an den Dritten kann stattfinden, und der Vorkaufsberechtigte verliert seine Chance auf den Kauf.

Der Bundesgerichtshof hob in seinem Urteil hervor, dass Gerichte eine Hinweispflicht haben, wenn eine Partei nicht ausreichend Beweise für den Zugang ihrer Erklärung vorlegt. In diesem Fall wurde der Kläger nicht darauf hingewiesen, dass seine Beweismittel unzureichend waren, was zu einem Verfahrensfehler führte. Deshalb sollten Betroffene immer darauf achten, vollständige und aussagekräftige Beweise für den Zugang ihrer Ausübungserklärung vorzulegen.

Fazit

Wenn Sie ein Vorkaufsrecht haben oder damit konfrontiert sind, ist es wichtig, die rechtlichen Anforderungen für die Ausübung dieses Rechts genau zu kennen. Vor allem sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Ausübungserklärung den Empfänger auch tatsächlich erreicht und Sie dies nachweisen können. Falls Sie unsicher sind, kann ich als Anwältin Ihnen helfen, die notwendigen Schritte korrekt durchzuführen.