Im Juni 2024 begann im deutschen Einbürgerungsrecht eine neue Zeitrechnung. Während viele Einbürgerungswillige bisher damit leben mussten, ihre alte Staatsbürgerschaft aufzugeben, können sie nun die Pässe beider Länder behalten. Auch eine mehrfache Staatsbürgerschaft (Mehrstaatigkeit oder Mehrfachstaatsbürgerschaft) ist nach einer Voraufenthaltszeit von 5 bzw. 3 Jahren möglich. Ein Privileg, das allerdings nicht mit jedem Herkunftsland vereinbar ist. Wir informieren Sie hier über die Möglichkeiten und Herausforderungen der doppelten Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung.
Recht für jedermann: doppelte Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung
Im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) heißt es unter § 3:
1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben
1. durch Geburt (§ 4),
2. durch Erklärung (§ 5),
3. durch Annahme als Kind (§ 6),
4. durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7),
5. durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16 und 40a)
Eingebürgert zu werden, wünschten sich viele ausländische Bürger schon lange. Einer der Störfaktoren war die Bedingung, die alte Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen. Entweder die Betroffenen wollten sich ihrem Herkunftsland weiterhin verbunden fühlen oder dessen Recht sah schlicht keine weitere Staatsangehörigkeit vor. Das Problem löst das neue Einbürgerungsgesetz durch die Einführung der Mehrstaatigkeit. Einbürgerungswillige müssen nach einer Aufenthaltsdauer in Deutschland von mindestens 5 Jahren (3 Jahre mit besonderen Integrationsleistungen) ihren alten Pass nicht mehr ablegen. Die Einbürgerung wird dadurch erheblich erleichtert.
Übrigens: In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Dazu muss lediglich ein Elternteil mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland leben und unbefristet aufenthaltsberechtigt sein. Sie können das Recht auf Mehrstaatigkeit zukünftig ebenfalls für sich nutzen.
Mehrstaatigkeit gilt nicht nur für neue Anträge
Auch wer seinen Einbürgerungsantrag vor der Veröffentlichung des neuen Einbürgerungsgesetzes am 27.06.2024 gestellt hat, profitiert davon. Denn die doppelte Staatsbürgerschaft gilt ab diesem Tag für jeden Antragsteller, sofern es sein Heimatland zulässt. Einige Länder schließen die Mehrstaatigkeit jedoch aus, z. B. Äthiopien, China, Indien, Japan, Libyen, Namibia, Niederlande oder Österreich.
Tipp: Wenn Sie Ihre alte Staatsbürgerschaft zugunsten der Einbürgerung in Deutschland aufgegeben haben, können Sie jetzt versuchen, wieder in Ihrem Herkunftsland eingebürgert zu werden. Ob dies möglich ist, hängt vom geltenden Recht des Heimatlands ab. Informieren Sie sich bei den dortigen Behörden oder in dessen Botschaft.
Was bringt Ihnen die Doppelstaatlichkeit?
Wer den Nationalpass eines Landes hat, hat Rechte und Pflichten. Ein Doppelstaatler verfügt über Rechte und Pflichten in beiden Ländern. Das bedeutet, Sie können sich frei für einen Aufenthaltsort entscheiden, in beiden Ländern leben und arbeiten, haben Zugang zu sozialen Dienstleistungen, Bildung und Gesundheitsversorgung, können wählen oder selbst gewählt werden und Eigentum erwerben. Allerdings sind Sie u. U. auch in „Ihren“ beiden Staaten zur Zahlung von Steuern verpflichtet.
Weltweit profitieren Sie von Visa-Erleichterungen und Reisefreiheiten. Als deutscher Staatsbürger können Sie jederzeit ohne Visum in die Europäische Union, in Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz einreisen.
Auch Deutsche profitieren vom neuen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
Nicht nur ausländische Bürger profitieren vom neuen Einbürgerungsgesetz, sondern auch Deutsche. Wer sich bisher dauerhaft im Ausland niederlassen wollte, verlor seinen deutschen Pass, sobald er eine andere Staatsangehörigkeit annahm. Ausnahme: Es wurde ein Beibehaltungsantrag gestellt und bewilligt. Jetzt können Deutsche problemlos einen ausländischen Pass erhalten, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen.
Kann der deutsche Pass wieder eingezogen werden?
Es gibt Sachverhalte, die zur Rücknahme der Einbürgerungsurkunde und damit zum Einzug des deutschen Passes führen können:
- Wurde die Einbürgerung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung bzw. durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt, erlaubt das Staatsangehörigkeitsgesetz die Rücknahme (§ 35 StAG). Die Frist für die Rücknahme wurde auf 10 Jahre verdoppelt.
- Einbürgerungswillige dürfen nicht gleichzeitig mit mehreren Ehepartnern verheiratet sein (§ 8, 10 StAG) oder durch ihr Verhalten zeigen, dass sie die Gleichberechtigung von Mann und Frau missachten.
- Nimmt eine eingebürgerte Person an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland teil, verliert sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Voraussetzung ist, dass es sich um einen volljährigen Doppelstaatler handelt (§ 28 StAG).
- Auch wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Bekenntnisse des Antragstellers zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zum NS-Unrecht und zum Frieden zwischen den Völkern inhaltlich falsch sind, kann die Einbürgerung zurückgenommen werden bzw. verwehrt bleiben.
Ihnen wurde die Einbürgerungsurkunde wieder entzogen oder Sie planen noch den Schritt hin zur doppelten Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung? Lassen Sie sich von unseren Fachanwälten für Ausländerrecht unterstützen.