In einem Urteil vom 30. Januar 2025 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich einmal mehr mit der Frage der Zustellung von Kündigungen befasst und entschieden, dass eine per Einwurf-Einschreiben verschickte Kündigung nicht automatisch als zugegangen gilt, wenn der Arbeitgeber den Einlieferungsbeleg und einen Sendungsstatus vorweisen kann. Das Gericht stellt nämlich auf die konkrete Nachweisbarkeit des Einwurfs ab. Weil in dem zugrunde liegenden Fall kein Auslieferungsbeleg vorlag und kein Zustellbote benannt wurde, war der Kündigungszugang nicht hinreichend bewiesen.
Ausgangslage des Streits
Das zu beurteilende Arbeitsverhältnis bestand seit Mai 2021. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis zunächst außerordentlich fristlos, später folgte eine weitere Kündigung vom 26. Juli 2022. Die Arbeitnehmerin bekam davon angeblich nichts mit und bestritt, jemals ein entsprechendes Schreiben erhalten zu haben. Genau an diesem Punkt setzte die Auseinandersetzung vor Gericht ein: Die Arbeitgeberin war überzeugt, ihr Einwurf-Einschreiben reiche als Beleg, um den Zugang zu beweisen. Die Arbeitnehmerin hielt dem entgegen, dass neben einem Einlieferungsbeleg weitere Nachweise erforderlich sind, um die tatsächliche Zustellung zu untermauern.
Warum ein Einlieferungsbeleg nicht reicht
Das BAG betonte die Bedeutung eines eindeutigen Nachweises: Wer sich im Streitfall auf den Inhalt eines zugegangenen Schreibens beruft, muss den Zugang im Zweifel beweisen können. Ein schlichter Einlieferungsbeleg, auf dem das Datum und die Sendungsnummer vermerkt sind, genügt nach Ansicht des Gerichts nicht, um einen sogenannten Anscheinsbeweis zu begründen. Schließlich gibt es keine Garantie, dass die Sendung tatsächlich beim Empfänger ankommt, wenn es weder einen Auslieferungsbeleg noch eine dokumentierte Unterschrift des Zustellers gibt.
Sendungsstatus bleibt unzureichend
Neben dem Einlieferungsbeleg führte die Arbeitgeberin einen Ausdruck des Sendungsstatus ins Feld, in dem vermerkt war, das Kündigungsschreiben sei am 28. Juli 2022 zugestellt worden. Doch auch das genügte dem Gericht nicht: Der Sendungsstatus belegt allein, dass die Post das Schriftstück zur Auslieferung vorgesehen hatte. Ob es tatsächlich in den Briefkasten gelangte und wem es übergeben wurde, lässt sich daraus nicht zuverlässig entnehmen. Ohne Nachweis über die eingesetzte Zustellmethode oder die Identität des Zustellers wird die Argumentation des Absenders zu einer bloßen Vermutung.
Kein Vertrauen auf „automatische“ Zustellung
Der Senat machte deutlich, dass ein Brief ohne Quittierung oder genau dokumentierten Einwurf nicht per se als angekommen gilt. Gerade bei Kündigungen, die erhebliche Folgen nach sich ziehen können, ist dies für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von besonderer Bedeutung. Wer sich gegen eine Kündigung wehren möchte, muss innerhalb der gesetzlichen Fristen aktiv werden. Daher kommt es entscheidend darauf an, ab welchem Zeitpunkt man von einem wirksamen Zugang ausgehen kann.
Fazit und Ausblick
Das Urteil zeigt, dass ein hoher Sorgfaltsmaßstab bei der Kündigungszustellung erforderlich ist. Kommt es zu Unklarheiten über den Einwurf und fehlen verlässliche Unterlagen über den genauen Ablauf, werden Arbeitgeber im Zweifel das Nachsehen haben. Daher sollten sie auf sichere Zustellmethoden setzen und möglichst detaillierte Nachweise erstellen. Hierfür reicht ein einfacher Sendungsvermerk nicht aus.
In der Praxis müssen Arbeitgeber weiterhin verstärkt darauf achten, die Übergabe oder den Einwurf einer Kündigung zweifelsfrei belegen zu können. Andernfalls besteht das Risiko, dass eine arbeitsrechtlich bedeutsame Kündigung ins Leere läuft. Das BAG hat in seinem Urteil die arbeitsgerichtliche Linie bestätigt, wonach bei fehlendem Zustellungsnachweis die Kündigung als nie zugegangen gilt. Damit erhalten Beschäftigte mehr Rechtssicherheit: Wenn unklar bleibt, ob sie eine Kündigung wirklich erhalten haben, müssen sie sich nicht allein mit einem Sendungsstatus oder einem Einlieferungsschein zufriedengeben. Für Arbeitgeber gilt, dass sie Kündigungen schlichtweg nicht der Post anvertrauen, sondern persönlich übergeben oder per Boten zustellen.